Biodynamischer Weinbau: Im Rhythmus der Natur

Der biodynamische Weinbau geht, ebenso wie die biologisch-dynamische Landwirtschaft insgesamt, auf die Ideen des österreichischen Anthroposophen Rudolf Steiner zurück. Im Jahr 1924 hielt Steiner in der Nähe von Breslau acht Vorträge zum Thema, die mitstenografiert und dann als Abschrift unter dem Titel "Geisteswissenschaftliche Grundlagen zum Gedeihen der Landwirtschaft" veröffentlicht wurden. Heute kennt man das Brevier auch unter dem Namen "Landwirtschaftlicher Kurs". Darin bezieht Rudolf Steiner das anthroposophische Weltbild in den landwirtschaftlichen Kreislauf gegen alle Konventionen mit ein.

Grundlage der biodynamischen Bewirtschaftung im Weinberg ist es, aus dem Gedanken des Kreislaufs heraus das Weingut als Organismus zu sehen, der im Einklang mit der Natur, den Menschen und dem Universum besteht. Genau das ist dann auch einer der großen Unterschiede zum rein ökologischen Weinbau. Konventionell arbeitende Winzer stellen in der Regel zunächst auf einen biologischen Betrieb um, bevor sie dann den Schritt in die Biodynamie gehen, die die Vitalität mit bestimmten Präparaten und Vorgehensweisen fördert.

 

Hornkiesel, mit Wasser rhytmisch verrührt, oder Tee aus Schatelhalmen versprühen biodynamisch wirtschaftende Weinbauern in ihren Weinbergen. Die Grafik zeigt, wie sich ihre Arbeitsprozesse an den Mondphasen orientieren.

So verbessert das Hornkiesel-Präparat die Pflanzenqualität in Bezug auf Reife und Aroma. Dafür wird pulverisiertes Quarz in ein Kuhhorn gefüllt und von Frühjahr bis Herbst im Boden eingegraben, damit soll es die kosmischen Kräfte – unter anderem Licht und Wärme – speichern. Im Herbst ausgegraben, wird der feine Hornkiesel im nächsten Sommer in Wasser rhythmisch verrührt und damit dynamisiert und als Spritzpräparat in Form von feinem Nebel über dem Weinberg versprüht. Ein weiteres markantes Präparat ist der Hornmist, der das Bodenleben fördern und die Pflanzen intensiver mit dem Boden verbinden soll. Der Winzer füllt die Hörner zur Herstellung des Hornmistes mit Kuhmist und vergräbt sie über den Winter, wenn sich die „Lebenskräfte“ unter die Erde zurückziehen, um diese dort aufzunehmen. Im Frühjahr werden die Füllungen mit Wasser verrührt und im Weinberg versprüht, um die Pflanzen intensiver mit dem Boden zu verbinden. Zusätzlich sorgen betriebseigener Kompost und Kräuterpräparate – etwa aus Schachtelhalm und Brennnessel – für „lebendigen“ Dünger. Sie werden zur Abwehr gegen Pilzinfektionen eingesetzt.

Bei der Ausbringung der Präparate und vielen anderen Arbeiten richten sich biodynamisch arbeitende Winzer nach den natürlichen Rhythmen wie dem Lauf der Sonne und des Mondes. So werden beispielsweise Wachstumsprozesse eher bei Vollmond stimuliert, Reife- und Qualitätsprozesse bei Neumond.

Im biodynamischen Weinbau setzen die Winzerinnen und Winzer im Gegensatz zur konventionellen Bewirtschaftung keine systemischen – und damit chemischen -  Pestizide und Herbizide ein, sondern ausschließlich Kontaktmittel. Künstlich hergestellte Dünger sind generell nicht erlaubt. Intention ist, die Reben auf natürliche Weise zu stärken, damit sie sich selbst vor Krankheiten schützen kann. An dieser Stelle kommen die unterschiedlichen anthroposophischen, homöopathischen und biologischen Präparate ins Spiel.

Am bekanntesten ist wahrscheinlich das Hornmistpräparat. Hierfür füllt der Winzer Kuhmist in ein Kuhhorn, bevor er dieses über den Winter für sechs Monate in einem fruchtbaren Boden vergräbt. Nach den sechs Monaten dynamisiert der Winzer mit den Kuhhörnern Wasser, indem er beides eine Stunde lang miteinander verrührt. Danach kann das Präparat direkt auf die Reben, die Trauben oder den Boden gespritzt werden und ersetzt so konventionelle Präparate – und zwar unabhängig von der jeweiligen Rebsorte.

Auch Kompostpräparate aus Schafgarbe und Hirschblase oder Kamille und dem Dünndarm eines Rindes kommen als Kompost-Präparate zum Einsatz, um so einen lebendigen Boden aufzubauen. Aufgüsse aus zum Beispiel Brennnessel oder Baldrian stärken die Reben zusätzlich und sorgen innerhalb des biodynamischen Kreislaufs für gesunde Reben mit gesunden Früchten. Auch der Rebschnitt erfolgt in der Regel später - und sanfter. Das ganze System des biodynamischen Weinbaus ist auf Nachhaltigkeit im besten Sinne ausgelegt und orientiert sich konsequent am Kreislauf der Natur – vom Weinberg bis zum Keller.

Ob Weine aus dieser Erzeugung genussvoller schmecken, ist wissenschaftlich nicht nachweisbar. Allerdings findet man in der Kategorie Qualitätswein viele dieser Gewächse. Den konventionell produzierten Weinen stehen biodynamische Weine also in nichts nach. In der Weinbranche mögen sie noch immer eine Nische sein, aber sie werden immer wichtiger und bekommen mehr Aufmerksamkeit.

Jahrzehntelang gab es weder in der Landwirtschaft allgemein noch im Weinbau speziell verpflichtende Zertifizierungen für Winzer, die biodynamisch im Rhythmus der Natur arbeiteten. Allerdings ließen sich viele Betriebe schon lange Zeit freiwillig zertifizieren. Im Zuge der EU-Rechtsvorschriften für ökologischen Landbau darf ein Weingut seit dem 1. Juli 2010 aber nur aufs Etikett schreiben, dass es biologisch oder biodynamisch arbeitet, wenn auch tatsächlich eine Zertifizierung vorliegt.Die gängigste Zertifizierung stammt von Demeter. Der Verband wurde im Jahr 1954 gegründet. Weitere bekannte Zertifizierungen im biodynamischen Bereich sind unter anderem Biodyvin oder respekt-BIODYN. Seit der Einführung der Zertifizierungspflicht durch die EU ist das Vertrauen in organische und biodynamische Weine seines der Endverbraucher erheblich gestiegen, da die Einhaltung strenger Regeln verpflichtend ist. Denn es schafft die nötige Transparenz für absolute Glaubwürdigkeit, dass hier mit der Natur gearbeitet wird.

Hinzu kommt, dass der Zertifizierungsprozess bei allen Institutionen lange dauert und streng überwacht wird. Die Umstellung von konventionellem zum biodynamischen Weinbau dauert in der Regel drei Jahre. Wurde vorher bereits organisch gearbeitet, kann die Zeit auf zwei Jahre verkürzt werden. Ab Startzeitpunkt dürfen keine konventionellen Spritzmittel mehr zum Einsatz kommen. Zudem muss - je nach Vorgaben - die Biodiversität im Weinberg mit Begrünung und dem Schutz der Artenvielfalt durch das Aufbrechen der Monokultur mit Bäumen, Hecken und Sträuchern gefördert werden. Viele biodynamische Winzer halten in ihren Weinbergen zudem Tiere wie etwa Schafe, Ziegen oder Hühner. Dadurch trägt die biodynamische Bewirtschaftung sehr zur Entwicklung und Förderung nachhaltiger Weinbaupraktiken bei. Nicht jedes Weingut, das biodynamisch arbeitet, lässt sich übrigens auch zertifizieren. Viele Winzer arbeiten nach den Prinzipien der Biodynamie, wollen sich aber für schwierige Jahre eine Option lassen, im Notfall auf konventionelle Spritzmittel zurückgreifen zu können, um weiterhin gesunde Trauben zu lesen.

Natürlich sind auch auf der ProWein die wichtigen Vertreter für biodynamische Weine in Düsseldorf vertreten. So ist zum Beispiel Demeter e.V. traditionell präsent. Und auch in der Themenwelt "Organic World" präsentieren viele biodynamische Betriebe ihre neusten Weine. Außerdem finden Sie viele Biodynamie-Weingüter mit Einzel- und Gemeinschaftsständen über alle Hallen der ProWein verteilt - je nach Land und Region. An den Ständen finden dann auch regelmäßig Verlosungen und Masterclasses statt. Eine detaillierte Übersicht finden Sie im ProWein-Programm. Vor allem mit der Organic World sowie dem weiteren dezentralisierten Angebot an biodynamischen Erzeugnissen legt die ProWein einen Fokus auf nachhaltigen Weinbau innerhalb der Branche wie es sonst keine internationale Messe für Weine und Spirituosen macht.

Nirgendwo sonst haben Sie die Möglichkeit, biodynamisch erzeugte Produkte in all ihrer Vielfalt so konzentriert entdecken und verkosten zu können wie auf der ProWein. Zum einen gezielt in der Organic World, zum anderen an den Ständen zahlreicher biodynamisch arbeitender Aussteller aus der ganzen Welt. Konsumentinnen und Konsumenten legen immer größeren Wert auf nachhaltige Weine und Spirituosen. Nutzen Sie die einmalige Gelegenheit, Ihr Portfolio für Ihr Business von morgen dementsprechend sicher aufzustellen.