Chancen durch no-low Weine
Jeder dritte Weinhändler sieht sehr gute Absatzchancen für Wein mit wenig Alkohol, jeder Vierte bei entalkoholisiertem Wein
No-Low Schaumweine und Weißweine am stärksten nachgefragt
16% der Weinhändler sind auf der Suche nach neuen no-low Weinen für ihr Produktsortiment
Die Unternehmen der Weinbranche reagieren proaktiv auf die aktuellen Herausforderungen der ökonomischen Krise. Im aktuellen ProWein Business Report 2022 wurden fast 2.500 Experten der Weinbranche aus 47 Ländern zu ihren Plänen für das aktuelle Jahr befragt. Fast die Hälfte (46%) der Weinproduzenten und Händler wollen ihr Produktportfolio an Markttrends anpassen und 27% investieren in innovative Produkte.
Global gehört die „No-Low“ Kategorie zu den am stärksten wachsenden Getränkesparten. Diese innovative Produktkategorie besteht überwiegend aus alkoholischen Getränken, die entalkoholisiert wurden oder einen deutlich geringeren Volumenanteil Alkohol enthalten. Laut IWSR hat der globale Umsatz der no-low Kategorie im Jahr 2022 den Wert von $22 Mrd. überschritten. Für die nächsten fünf Jahre bis 2026 wird laut IWSR eine jährliche Umsatzsteigerung von 7% erwartet, der mit 90% den Hauptwachstumsanteil der gesamten Getränkebranche repräsentiert.
Das internationale Wachstum des no-low Marktes wurde bisher vor allem durch die frühen Innovationen und die geschmacklich ausgereiften Produkte von alkoholfreien Bieren und Cider angetrieben. Bei der Entalkoholisierung von Wein gab es in den letzten Jahren große Fortschritte in der Produktqualität. Auch wenn der Marktanteil von Wein und Schaumwein ohne oder mit wenig Alkohol noch gering ist, so zeigt er in vielen Ländern sehr gute Zuwachsraten. Die ProWein hat deshalb im März 2023 erstmals gemeinsam mit dem Meininger Verlag die Sonderausstellung „World of Zero“ mit dem Fokus auf entalkoholisierte Weine veranstaltet.
Der aktuelle ProWein Business Report 2022 hat aus diesem Grund zum ersten Mal Händler aus 16 verschiedenen Ländern zu den Marktchancen und dem Absatzpotential der no-low Weinkategorie befragt. Er ist damit der international umfassendste Bericht zu dieser innovativen und stark wachsenden Produktkategorie, die vor allem vom steigenden Gesundheitsbewusstsein der Verbraucher profitiert. Die Ergebnisse geben Händlern und Produzenten wertvolle Hinweise, in welchen Ländern welche Art von no-low Weinen nachgefragt werden und wo besonders hohes Interesse der Händler besteht, neue no-low Produkte einzulisten.
Produkttrends
Um die relativen Absatzchancen der verschiedenen Weintypen zu messen, wurden im November 2022 fast 1.150 Weinhändler, Importeure, Distributeure, Gastronomen und Hoteliers befragt, welche Produkte aus ihrer Sicht im Jahr 2023 nachgefragt werden. Die Liste der Trendprodukte wird klar angeführt von Schaumweinen, Champagner, Cava und Prosecco, die bereits in den letzten Jahren sehr gute Markterfolge vorweisen konnten. Auch in diesem Jahr wird die ProWein mit der erfolgreichen Champagne-Lounge wieder einen Schwerpunkt in diesem Trendsegment anbieten.
Weine mit wenig Alkohol und entalkoholisierter Wein werden von einem Drittel bis einem Viertel des Weinhandels als Trendprodukte gesehen. Dabei sehen Händler insgesamt die Chancen für Wein mit wenig Alkohol etwas höher als die für entalkoholisierten Wein. Neben diesem globalen Trend gibt es starke regionale Unterschiede zwischen den Ländern.
Abbildung 1: Erwartungen der Weinhändler für Produktkategorien mit guten Absatzchancen (siehe PDF)
Top 10 Märkte für no-low Weine
Abbildung 2: Top-10 Märkte für no-low Wein und Schaumwein (siehe PDF)
Großbritannien belegt den ersten Platz sowohl bei Weinen ohne als auch mit wenig Alkohol. Bis zu zwei von drei britischen Händlern sehen hohe Chancen für diese Produkte. Die hohe Akzeptanz von Weinen mit weniger Alkohol wird unter anderem vom britischen Steuersystem gefördert, das diese Weine deutlich weniger oder gar nicht besteuert. Bei entalkoholisierten Produkten folgen die Niederlande und Finnland vor Deutschland mit ungefähr einem Drittel Zustimmung der Händler.
In den meisten Ländern, vor allem in Norwegen, den USA, Kanada, Spanien sowie der Schweiz sind Weine mit wenig Alkohol aktuell stärker als Trendprodukt nachgefragt, als Weine ohne Alkohol. In den Top-3 Märkten liegt das Interesse des Handels bei über 50%. Deutschland und die Niederlande sind bisher die einzigen Märkte, in denen die Nachfrage nach entalkoholisierten Weinen und Weinen mit weniger Alkohol vom Handel mit als gleich hoch eingeschätzt wird. Das stimmt mit Ergebnissen von IWSR überein, nach denen Deutschland der am stärksten entwickelte Markt für entalkoholisierten Wein ist, wo auch das Verfahren der Vakuum-Entalkoholisierung erstmals in 1908 patentiert wurde.
Weißwein und Schaumweine führen bei no-low
Abbildung 3: Chancen für no-low Wein-Kategorien (siehe PDF)
Diejenigen Händler, die gute Absatzchancen für no-low Weine sehen, wurden nach den bevorzugten Weintypen für no-low befragt. Dabei führen Weißwein und Schaumwein deutlich vor Roséwein und Rotwein. Ein Grund dafür liegt in der Herstellung. Bei Schaumweinen lässt sich der reduzierte Alkohol durch die Kohlensäure sensorisch am besten ausgleichen. Bei der Entalkoholisierung von Weißwein hat die Branche bei den optimalen Anforderungen an die zu entalkoholisierten Grundweine in letzter Zeit sehr viel dazu gelernt. Wird der Alkohol aus Rotwein entfernt, dann treten die für Rotwein typischen Gerbstoffe aus der Schalenhaut der Beeren sensorisch stärker hervor und müssen aufwendig ausbalanciert werden.
Top 10 Märkte für no-low Weißweine und Schaumwein
Unterschiedliche Produktpräferenzen der Märkte zeigen sich auch bei den no-low Weinen. Für Schaumweine liegen Nordamerika, Italien und Skandinavien weit vorn in den Top 10. 75% bis 90% der Händler sehen für no-low Schaumweine sehr gute Absatzchancen. Dies trifft auch auf die Mehrheit der Weinhändler aus Österreich, Belgien und Frankreich zu. Bei no-low Weißweinen liegen neben Skandinavien auch die Niederlande und Deutschland weit vorn, die die eine generell höhere Affinität für Weißweine aufweisen. Auch die traditionellen Weinländer Portugal und Frankreich befinden sich überraschend unter den Top 10.
Abbildung 4: Top-Märkte für no-low Wein und Schaumwein (siehe PDF)
Top 10 Märkte für no-low Roséweine und Rotweine
Die skandinavischen Länder führen insgesamt bei der Nachfrage nach no-low Weinen für alle Produktkategorien und somit auch bei Roséwein und Rotwein an. Auch hier spielt, wie in Großbritannien, die geringere Besteuerung eine wichtige Rolle. Für Roséwein folgen Belgien und Großbritannien sowie Deutschland und Österreich auf den Plätzen. Der starke Erfolg von Roséwein in Frankreich zeigt sich auch bei no-low Weinen.
Bei Rotwein folgen auf Skandinavien die beiden nordamerikanischen Länder, wo fast zwei Drittel der Händler gute Marktchancen für no-low Rotweine sehen. Auch die starken Rotweinproduzenten Spanien, Portugal und Italien liegen bei no-low Rotwein in den Top 10.
Abbildung 5: Top-10 Märkte für no-low Roséwein und Rotwein (siehe PDF)
Reaktion der Händler und Produzenten auf no-low Trend
Händler und Produzenten, die optimistisch sind für no-low Weine und gute Absatzchancen sehen, wurden zu ihren aktuellen Plänen befragt. Jeder zweite dieser optimistischen Händler möchte im nächsten Jahr neue no-low Weine einlisten. Bezogen auf alle Händler entspricht dies einem Händleranteil von 16% für Weine mit wenig Alkohol und 11% für Weine ohne Alkohol. Nur 30% der Händler, dieser optimistischen Händler, planen keine neuen no-low Produkte zu bestellen, weil das Sortiment aus ihrer Sicht bereits gut ausgestattet ist. Diese Ergebnisse zeigen das hohe Händlerinteresse, welches für Produzenten besondere Chancen bietet, mit neuen Produkten gelistet zu werden.
Abbildung 6: Reaktion der Händler und Produzenten (siehe PDF)
Ein geringerer Teil der Produzenten, die Marktchancen sehen, planen, neue Produkte mit wenig Alkohol (30%) und ohne Alkohol (15%) anzubieten. Bezogen auf alle Weinproduzenten sind das 10% für Wein mit wenig bzw. 3% für Wein ohne Alkohol. Von den Produzenten haben bereits einige Unternehmen no-low Weine im Angebot und 52% planen deshalb für 2023 vorerst keine Änderungen im Portfolio. Ein Teil dieser Unternehmen möchte jedoch die produzierte Menge dieser Weine erhöhen.
Unterschiede in der Herstellung
Ein weiterer Grund für diesen eher geringen Wert der Produzenten liegt im technischen Prozess der Entalkoholisierung, der von kleinen und mittleren Produzenten nicht alleine durchgeführt werden kann. Die dafür notwendigen Anlagen werden ausschließlich von wenigen großen, spezialisierten Herstellern und Dienstleistern angeboten, die teilweise bestimmte Mindestmengen für die Lohnarbeit fordern. Manchen Produzenten sind diese Mindestmengen (noch) zu hoch. Eine Lösung kann darin liegen, dass sich Unternehmen einer Region zusammenschließen, eine Cuvée gemeinsam entalkoholisieren lassen und dann jeweils unter eigenem Label vermarkten. Produzenten aus dem Anbaugebiet Rheingau in Deutschland führt dieses Modell schon sehr erfolgreich durch.
Die Produktion von Weinen mit wenig Alkohol kann bis zu einem bestimmten Grad von den Produzenten durch geeignete weinbauliche und önologische Maßnahmen alleine gesteuert werden. Viele Unternehmen berichteten, dass sie hier bereits experimentieren und geeignete Wege suchen, Weine guter Qualität mit geringeren Alkoholwerten zu produzieren. Gerade Länder mit starkem Einfluss des Klimawandels, wo sich der Zuckergehalt der Trauben und damit der Alkoholgehalt des Weins bereits deutlich erhöht haben sind hier aktiv. Eine Teilentalkoholisierung auf geringe Alkoholgehalte, wie z.B. 5 Vol. %, erfordert dagegen auch spezielle Anlagen.
Interesse des Handels an Neulistungen für no-low
Die Auswertungen zeigen den Anteil der Händler pro Land, die neue no-low Weine listen wollen, bezogen auf die Unternehmen, die darin einen Trend sehen (links), und bezogen auf alle Händler (rechts). Dabei wird wieder der Unterschied zwischen no und low Kategorien deutlich. Das Interesse an der Einlistung von Weinen mit wenig Alkohol überwiegt deutlich. Zum Beispiel in den USA möchte jeder zweite (47%) Weinhändler neue Weine mit wenig Alkohol neu listen, aber nur jeder zwölfte (8%) sucht neue Weine ohne Alkohol. Auch in Norwegen sind es 44% für Weine mit wenig und 20% für Weine ohne Alkohol. Nur in den Niederlanden (21%) und Deutschland (18%) liegt das Interesses an neuen Weinen ohne Alkohol etwas höher als für Weine mit wenig Alkohol.
Abbildung 7: Anteil der Händler, die no-low Produkte neu listen wollen (siehe PDF)
Innovation als zukünftiger Absatztreiber
Branchenexperten erwarten im Bereich der no-low Getränke für die kommenden Jahre viele Produktinnovationen, um den Geschmack und die Anforderungen der Verbraucher besser zu treffen. So muss ein an Wein angelehntes Getränk ohne Alkohol nicht zwingend durch Entalkoholisierung aus Wein entstanden sein. Erste experimentelle Produkte mit Auszügen aus Tee, Hopfen und anderen Zutaten sind bereits heute auf dem Markt erfolgreich, wie das Beispiel des Kylie alcohol free sparkling rosé zeigt. Auch in Zukunft wird der ProWein Business Report den Trend der no-low Weine weiter verfolgen.
Das große Angebot der ProWein 2023 hat Händlern und Produzenten die Möglichkeit geben, neue Produkttrends zu probieren und zu bestellen. Weine ohne Alkohol waren auf der ProWein 2023 ein ganz besonderer Schwerpunk.
Die Studie wurde im Auftrag der ProWein vom Institut für Wein- und Getränkewirtschaft der Hochschule Geisenheim unter Leitung von Prof. Dr. Simone Loose ausgeführt. Die Hochschule Geisenheim ist weltweit bekannt für Ihre Forschung und Lehre auf dem Gebiet der Weinwissenschaft.
ProWein und die Hochschule Geisenheim freuen sich darauf, den ProWein Business Report auch in den kommenden Jahren erfolgreich weiterzuführen. Damit stellt die ProWein der Weinbranche ein weltweit einzigartiges Marktbarometer als längerfristige Zeitreihe zur Verfügung und gibt in jährlichen Sonderthemen Antwort auf wichtige Fragen der Branchen. Wir bedanken uns bei den Teilnehmern der Befragung und hoffen auch weiterhin auf rege Beteiligung der Produzenten und Vermarkter von Wein.
Auf Wunsch bekommt jeder Teilnehmer den ausführlichen ProWein Business Report kostenlos zur Verfügung gestellt.
Hinweis für die Redaktionen:
Hochauflösendes Bildmaterial zur ProWein finden Sie in unserer Fotodatenbank im Bereich „Presse Service“ auf www.prowein.de.
Weitere Informationen unter:
www.prowein.de bzw. in den sozialen Netzwerken
Facebook: www.facebook.com/ProWein.tradefair
Twitter: https://twitter.com/ProWein