Von Doug Frost
Bis etwa 2018 galten die USA als begieriger Abnehmermarkt aller nur erdenklichen Weine – insbesondere solcher mit internationalem Ruf. Preise waren umsatztechnisch eher nebensächlich. Jetzt aber wird an den Absatzzahlen v. a. eines deutlich: Die Zeiten ändern sich! Die glücklichen Tage sind vorbei und müssen nun, nach der großen Rezession 2008, einer neuen, sich immer weiter durchsetzenden Denkweise auf Seiten der Verbraucher weichen, die zunehmend preisbewusster einkaufen. Die davon wohl am stärksten betroffene Region ist das Napa Valley, zumal der dort überwiegend angebaute Bordeaux fast ausschließlich noch von chinesischen Kunden nachgefragt wird und amerikanische Verbraucher heute nur sehr schwer davon überzeugt werden können, dass auch diese Weinsorte ihre Aufmerksamkeit verdient.
Angesichts dessen ist auch verständlich, warum der so vieldiskutierte amerikanische Weingeschmack (ausgereift, kräftig, häufig hochprozentig) für einen Großteil der betuchten amerikanischen Weinkonsumenten das Maß aller Dinge bleibt. Doch diese Käufergeneration scheint immer älter zu werden, während jüngere Konsumenten offensichtlich eine vollkommen andere Einstellung vertreten. Das sollte vielleicht nicht einmal überraschen – es war schon immer so. Diese jüngeren Verbraucher zeigen allerdings recht wenig Interesse an berühmten Namen, was zumindest teilweise darauf zurückzuführen ist, dass nur wenige gewillt sind, horrende Summen für eine einzige Flasche Wein auszugeben.
Zudem sind viele Konsumenten – insbesondere die jüngeren – eher wenig von den vollmundigen und ausgereiften Sorten angetan, die bei meiner Generation noch großen Anklang fanden (so eng die Verbundenheit der Autoren des Wine Advocate und des Wine Spectator mit diesem Weinstil auch sein mag). Kürzlich habe ich Kunden einen kalifornischen Cabernet Franc probieren lassen, wobei die Runde sich eher enttäuscht zeigte, dass der Wein so gar nichts von dem Charakter von Blumen und Kräutern preisgab, der den Angaben zufolge bei dieser Rebsorte zum Ausdruck kommen sollte. Für sie ging es auch gar nicht um die ausgereiften und vollmundigen Eigenschaften; vielmehr wünschte man sich das gewisse Etwas, in diesem Fall die für einen Cabernet Franc so typisch kräuterartigen, ja gar „grünen“ Noten. Dieses „Grüne“ findet meiner Ansicht nach tatsächlich immer mehr Anklang, zumal manche Verbraucher einfach nur einmal etwas Anderes schmecken möchten als die üblichen runden Weine aus der Neuen Welt.
Vermutlich stehen viele, wenn nicht sogar die meisten traditionellen Weinkonsumenten einem Rotwein, der lediglich herb und kräuterartig schmeckt, eher ablehnend gegenüber und erwarten stattdessen ein intensives Fruchtaroma, zumindest jedoch eine gewisse Schwere am Gaumen. Meine jüngsten Weintrinker wünschen sich jedoch nicht nur Weine mit einem frischeren Geschmack, sondern sind vor allem ganz besonders gespannt auf die sogenannten „natürlichen“ Weine. In den USA versteht man darunter Weine ohne zugesetzte Sulfite. Die Aromen einiger dieser Weine mögen vielleicht außerhalb der Norm liegen; bei den besten ist das aber nicht der Fall. Und selbst solche mit einer sich zu schnell verflüchtigenden Säure stoßen bei diesen Verbrauchern noch auf Zuspruch, so geschult wie sie heute aufgrund des massiven Einsatzes von Brettanomyces in der Produktion von Bieren sind, die landesweit enorme Beliebtheit erfahren.
Kurzum: Es geht ein Ruck durch die moderne Weinwirtschaft. Und das, was zuvor noch als Mangel angesehen wurde, erachten heute viele als authentisch, zumindest jedoch als unverwechselbar und interessant.