Deutsche Weine: Nicht nur in süß legendär

Deutsche Weine sind vor allem weiß, schlank und elegant. Oder aber weiß, süß und elegant. So jedenfalls sieht es der Rest der Welt. Die Deutschen selbst ergänzen an dieser Stelle dann gerne noch, dass man im eigenen Land auch Rot- und Schaumweine sehr gut kann. Auch wenn diese bis dato vor allem national von Bedeutung sind. Doch auch international wird die Weinbranche inzwischen darauf aufmerksam, dass Deutschland weit mehr ist als Riesling in all seinen Facetten. Schauen wir uns die deutschen Weine also einmal genauer an. Los geht's mit der Geografie.

Deutschland-Wein: Geografie

Während die beiden Weinanbaugebiete Saale-Unstrut und Sachsen im Osten Deutschlands fast schon isoliert erscheinen, ballen sich die anderen 11 Weinregionen im Südwesten des Landes rund um die Flüsse Ahr, Mosel (nebst dessen Nebenflüssen Saar und Ruwer), Rhein, Main und auch Nahe. Ohne diese Flüsse wäre Weinbau in Deutschland selbst heute noch schwierig. Denn in dem kühl-kontinentalen Klima sorgen sie für das kleine Mehr an Erwärmung, die die Reben benötigen. Die Ausnahme bildet Baden, wo es bereits jetzt schon einen Tick zu warm ist, was man dort dann auch dem Rebsortenspiegel ansieht. Die deutsche Parade-Rebsorte Riesling ist hier nämlich nicht mehr der große Star. Diesen Platz haben die Burgunder-Sorten eingenommen. Bevor wir uns die allgemeine Qualität- und Ursprungseinteilung für deutsche Weine anschauen, folgt hier aber erst einmal ein Überblick der Weinanbaugebiete.

Weinanbaugebiete im Überblick

• Ahr
• Baden
• Franken
• Hessische Bergstraße
• Mittelrhein
• Mosel
• Nahe
• Pfalz
• Rheingau
• Rheinhessen
• Saale-Unstrut
• Sachsen
• Württemberg

Deutschland: Gut zu wissen

Deutsches Weingesetz und die geschützte Ursprungsbezeichnung

Geschützte Ursprungsbezeichnungen gibt es in Deutschland genau 13. Sie sind deckungsgleich mit den Weinanbaugebieten. Eine nach dem Weingesetz weitere Unterteilung wie in Frankreich oder Italien gibt es tatsächlich nicht. Im Weingesetz verankert ist allerdings die Unterscheidung von drei Weinarten:

• Deutscher Landwein: Unter diese Kategorie fallen alle Weine, die aus unterschiedlichen Gründen die Zulassung zum Qualitätswein nicht erhalten haben. Hier handelt es sich in Deutschland dann gerne um Naturweine oder Orange Wines, die bei der Qualitätsweinprüfung durch das vorgegebene Raster fallen. Viele Naturweinerzeugende stellen ihre Weine deshalb erst gar nicht zur Qualitätsweinprüfung an, sondern verwenden direkt die Bezeichnung Landwein. Seit einer Weingesetzesnovelle heißt Landwein auch nur noch Wein. Er macht 3,5% der jährlichen Menge deutscher Weine aus.
• Qualitätswein: Mit 75,2% aller deutschen Weine macht der Qualitätswein den Großteil aus. Die Weine können sowohl trocken wie auch halbtrocken oder lieblich sein. Sie umfassen alle Weinfarben.
• Prädikatsweine: Diese deutschen Weine definieren sich nach dem Mostgewicht. Die Prädikatsweinstufen sind Kabinett, Auslese, Spätlese, Beerenauslese, Trockenbeerenauslese und Eiswein. Während Kabinett, Auslese und Spätlese sowohl trocken wie auch halbtrocken und lieblich sein können, sind Beerenauslese, Trockenbeerenauslese und Eiswein aufgrund ihres hohen Restzuckers per se süß. Die Prädikatsweine machen 21,3% der Produktionsmenge aus.

Herkunftsbestimmung vom Verband Deutscher Prädikatsweingüter

Wer in der obigen Auflistung Begriffe wie Erste Lage oder Großes Gewächs vermisst hat: Das hat einen guten Grund. Denn diese Herkunfts- und Qualitätsbestimmungen sind nicht im deutschen Weingesetz verankert, sondern wurden vom Verband Deutscher Prädikatsweingüter (VDP) für deren rund 200 Mitgliedsweingüter erarbeitet. Deren Klassifikation gliedert sich wie folgt auf:

• Gutsweine: Sie bilden die Basis der herkunftsgeprägten Philosophie. Bereits hier kommen alle Trauben für die Weinerzeugung aus gusseigenen Weinbergen.
• Ortsweine: Sie entstammen den besten Weinbergen eines Ortes. Dieser steht in der Regel auch immer mit vorne auf dem Etikett.
• Erste Lage: Diese Weine zeichnen sich durch ihren besonderen Lagencharakter aus, aus der die Trauben stammen. Die Lage darf auf dem Etikett mit vermerkt werden.
• Große Lage: Die von hier stammenden Weine, die man Große Gewächse nennt, bilden die Spitze der Klassifikation. Sie sollen die Einzigartigkeit und Unverwechselbarkeit der jeweilige Großen Lage zum Ausdruck bringen. Die Herkunft ist hier geografisch sehr streng eingegrenzt. Eine Angabe der jeweiligen Lage auf dem Etikett ist obligatorisch.

Deutsche Weine: Top 3

Bekannte Weine aus Deutschland

Obwohl rund 50% aller deutschen Weine weiß sind, spielt auch Rotwein eine immer größere Rolle. Riesling und Spätburgunder bilden dabei das vinophile Traumpaar. Nicht minder wichtig, vor allem für das Renommee deutscher Weine, sind die süßen Gewächse des Prädikatsweinsystems. Der Trend bei der Weinbereitung geht nach wie vor hin zu trockenen Weinen in Deutschland. Schauen wir uns ein paar Wein-Highlights an.

Deutsche Weißweine

• Riesling Kabinett: Kabinett-Weine sind in der Regel feingliedrig und zeichnen sich durch ein ebenso lebendiges wie schönes Süße-Säure-Spiel aus. Vor allem Riesling Kabinett von der Mosel werden weltweit sehr geschätzt.
• Riesling trocken: Neben dem Kabinett inzwischen der beliebteste Riesling-Stil mit dem größten Marktabsatz. Wobei sich die Gewächse von Region zu Region sehr unterscheiden. Riesling ist und bleibt nun einmal eine Terroir-Traube.
• Grauburgunder: Eine der liebsten Rebsorten der Deutschen. Vor allem wegen der milden Säure und der saftig-fruchtigen Anklänge sehr geschätzt.
• Gutedel: Eine Spezialität vor allem aus Baden. Hier vor allem aus dem Markgräflerland.
• Sauvignon Blanc: Die große Trend-Traube in Deutschland mit dem derzeit größten Flächenwachstum. Stilistisch schlägt deutscher Sauvignon Blanc die Brücke zwischen Neuseeland und Frankreich.
• Silvaner: Die größten Anbauflächen liegen in Franken und Rheinhessen. Leitrebsorte in Franken - hier dann auch gerne im Bocksbeutel abgefüllt.
• Piwis: In Deutschland gibt es derzeit eine Initiative mehrerer Weingüter, die die pilzwiderstandsfähigen Rebsorten (Piwis) als Zukunftsweine vermarkten.

Deutsche Rotweine

• Spätburgunder: Die rote Leitrebsorte schlechthin in Deutschland. Je nach Weinanbaugebiet bringt die Traube sehr unterschiedliche Nuancen hervor. Bekannt für hochwertige Spätburgunder ist vor allem Baden. Es kommen aber auch sehr gute Gewächse aus Franken und der Pfalz. An der Mosel, traditionell bei den Großen Gewächsen dem Riesling verschrieben, gibt es jetzt auch ein Spätburgunder GG.
• Trollinger: Spezialität aus Württemberg. Die Weine stehen ihren Vernatsch-Verwandten aus dem italienischen Südtirol in nichts nach.
• Lemberger: Wird vor allem in Württemberg und Rheinhessen angebaut. Wobei Württemberg als Epizentrum gilt. Entfaltet in Deutschland eine etwas andere Charakteristik als Blaufränkisch in Österreich, ist aber ein und dieselbe Traube.
• Portugieser: Deutscher Massenträger schlechthin. Wurde früher gerne halbtrocken oder sogar lieblich ausgebaut. Die ältere Kundschaft schätzt ihn sehr, aber er verliert nach und nach an Relevanz.

Deutsche Süßweine

• Eiswein: Seltenster deutscher Wein, da eine Produktion nur nach Minusgraden im Weinberg möglich ist. Eine echte Delikatesse, die jahrzehntelang reifen kann. Spiegelt Riesling in seiner reinsten Form wider. Wobei es auch Eisweine aus anderen Rebsorten wie zum Beispiel Spätburgunder oder Silvaner gibt. Diese sind allerdings noch seltener.
• Trockenbeerenauslese: In Sachen Hochwertigkeit und Seltenheitswert das Pendant zum Eiswein. Hier ist allerdings Botrytis der dominierende Faktor. Sprich: Alle Rebsorten haben die typischen Botrytis-Noten und nicht mehr die Anklänge, die für sie eigentlich typisch sind. Auch diese Süßweine können eine kleine Ewigkeit reifen.

Deutscher Wein als Wirtschaftsfaktor

Fakt ist: Die Deutschen trinken mehr Wein als sie selbst produzieren. 8,9 Millionen Hektoliter produziertem deutschen Wein stehen 13,4 Millionen importierter Wein aus aller Welt gegenüber. Deswegen ist Deutschland das zweitwichtigste Importland der Welt für Weine. Die Marktanteile lassen hier ganz klar Präferenzen erkennen, welche Farben die Deutschen am liebsten trinken. Mit 46,9% ist Weißwein bei den Konsumentinnen und Konsumenten am beliebtesten – dicht gefolgt von Rotwein mit 40,5% Prozent. Neben den Weinen aus dem eigenen Land genießt man in Deutschland vor allem Gewächse aus Italien, Spanien und Frankreich. Generell ist der Weinkonsum aber sehr divers aufgestellt, sodass auch andere Länder mit ihren Weinen gute Chancen auf dem deutschen Markt haben.

Auffällig ist die Vertriebsstruktur. Denn die Deutschen sind Sparfüchse. 38% aller Weine werden in Discountern verkauft – weitere 28% in Supermärkten. Damit ist der Lebensmitteleinzelhandel die größte Absatzplattform für Wein. Jeweils 5% aller Deutschen kaufen ihre Weine im Weinfachhandel sowie im Getränkemarkt. 9% besorgen sich direkt beim Winzer ihren Wein – nur 4% shoppen online bei Weinhändlern. Der Rest verteilt sich auf andere Quellen. Diese Daten machen Deutschland vor allem als Importland für günstige Weinerzeugnisse sehr attraktiv. Zugleich lohnt sich aber auch der Export sehr, da vor allem die Prädikatsweine und Großen Gewächse aus Deutschland sehr bekannt sind und über ein großes Renommee verfügen.