In Südtirol verzehnfacht sich der m² Preis von Lagen in 800 Höhenmetern auf 1200 Höhenmeter oder darüber hinaus. Die Nachfrage wird größer und größer, eine Parzelle zu erwerben, scheint fast nicht mehr leistbar. Liegt der Hang dann noch nach Osten statt nach Süden, ist es einer Generation allein gar nicht mehr möglich, diesen Preis zu erwirtschaften. Die Höhe ist gefragter denn je.
Und dies gilt nicht nur topographisch, sondern auch, was die Breitengrade angeht. So hat vor mehr als 20 Jahren ein neugieriger Schwede angefangen, Rebstöcke über dem 59. Breitengrad zu pflanzen. Von Zinfandel über Riesling bis Müller-Thurgau pflegt er seinen Weingarten auf felsigem Grund. Der Boden strahlt die Wärme ab und treibt die Reife zusätzlich voran. Noch belächeln ihn die Nachbarn, jedoch zeigen die Analysewerte, dass dort die Öchsle in den vergangenen zehn Jahren langsam steigen. Alte Weinbaukarten zeigen, dass im 13. und 14. Jahrhundert auch in England, Polen und Schleswig-Holstein Wein angebaut wurde. Doch dann brach die sogenannte kleine Eiszeit über Europa herein, und die Gebiete verlagerten sich immer weiter nach Süden.
Kann man da zum jetzigen Zeitpunkt von einer Trendwende sprechen, wo Wein auf Sylt – und auch schon im südlichen Teil Norwegens – angebaut wird? Die Hektaranzahl in Großbritannien hat sich von 2015 bis heute auf knapp 3.600 ha fast verdoppelt. Spanien hat 2018 ca. acht Prozent seiner Weinbauflächen aufgegeben. Auch Italiens Gebiete im Süden nehmen ab. Dies ist sicher nicht allein dem Klimawandel zuzuschreiben, jedoch machen die Wetterextreme und höheren Temperaturen es immer schwieriger.
In meiner Heimat, der Bodenseeregion habe ich mich hierzu umgehört. Da sind sich die Winzer größtenteils einig, dass es solche Wetterkapriolen schon immer gab (nachweislich in den letzten 3 – 4 Generationen) und sich der Weinbau eher am vorherrschenden Mikroklima orientiert. So war früher der Ertrag einfach höher, was zur Folge hatte, dass die physiologische Reife manchmal ausblieb. Die Weine waren geprägt von vordergründiger Frucht und plumper, unangenehmer Apfelsäure. Heutzutage geht man dazu über, den Ertrag deutlich zu reduzieren, wenig zu entblättern (hohe Sonneneinstrahlung durch Reflektion auf dem See, oft Südausrichtung der Rebzeilen) – und auch PiWis halten Einzug. Durch die hohen Niederschläge in der Region, oftmals 1.400 – 1.500 mm und damit doppelt so hoch als beispielsweise am Kaiserstuhl, ist der Pilzdruck durch Wärme und Feuchtigkeit sehr hoch. Doch das war eben schon immer so und ist nicht erst durch den nun medial präsenten Klimawandel ein Thema.
Am Bodensee und im Allgäu behilft man sich mit der ältesten Art des Klimaschutzes – der Regionalität. Heimische Produkte, kurze Transportwege – das ist hier der Schlüssel für eine bessere Klimabilanz. Ebenso weniger Herbizide und Fungizide im Weinbau durch besser angepasste Rebsorten und noch aufmerksamere Arbeit im Weinberg. Bei meinen Weinproben zeigt sich im direkten Feedback der Teilnehmer die Begeisterung für die Weine. So ist der Klimawandel buchstäblich in aller Munde – kosten Sie doch einfach mal bei Klosterhof Kaltern (Südtirol Wein; Halle 15, Stand G 71), bei Clos d´Oranje (Wines of South Africa; Halle 9, Stand B 28) oder bei Nyetimber (Halle 13, Stand B 48).