Der Reiz von „mit ohne“ – No oder Low Alcohol

Gute Vorsätze oder schlechtes Gewissen? So manche Trinkfreude wird zum Jahresauftakt gedrosselt, und Bekenntnisse zu Detox oder Dry January kursieren auch bei eingefleischten Genussmenschen. Aber auch über den Rest des Jahres werden wir das Phänomen von Alkoholreduzierung bei kreativen Getränken und fantasievollen Cocktails erleben.

Zahlreiche Restaurants entwickeln bereits köstliche alkoholfreie Getränkeoptionen und bringen Säfte, Limonaden, Essig und Tee in ein spannendes Zusammenspiel mit den Speisen. Ein Blick nach Skandinavien, der Heimat der Nordic Cuisine, zeigt dort wieder einmal eine Vorreiterrolle. Die hohen Steuern auf Alkohol und die damit verbundenen Kosten für eine wertige Weinbegleitung sorgen zunehmend dafür, dass aus der Not eine Tugend gemacht wird und zuweilen die Alkohol-befreiten Menübegleiter mindestens genauso begeistern wie ihr alkoholisches Pendant.

Einer der Pioniere der alkoholfreien Aperitifs und Speisebbegleiter in Deutschland ist die Manufaktur Jörg Geiger (Halle14, Stand B 64) von der schwäbischen Alb. Auch hier ist „alkoholfrei“ bereits seit 2003 auf der Überholspur – und das nicht aus Trauben sondern aus alten schwäbischen Apfel- und Birnensorten, gepaart mit anderen Früchten, Kräutern und Blüten – von prickelnd bis still -und herb bis fruchtig.

Mehr als nur „Mocktails“ – Cocktails ohne Alkohol

Übersetzt man die englische Phrase „to mock“, so ergibt das als Übersetzung in etwa: sich über etwas lustig machen. Auf zahlreichen Barkarten prangt die Überschrift „Mocktail“ über den Kapiteln mit den alkoholfreien Cocktails. Doch niemand braucht sich mehr über diese Drinkkategorie mokieren, denn Vielfalt und Anspruch wachsen zunehmend.

Ein Meilenstein bedeutete ein kleiner Testlauf der Marke „Seedlip“ im Londoner Kaufhaus Selfridges, der in einen unglaublichen Erfolg mündete. Das alkoholfreie Destillat gestattete es, Cocktails auf Gin-Basis in alkoholfreien Varianten zu interpretieren, die grandios zu überzeugen vermochten. Insbesondere mit Tonic Water ergeben sich dadurch erfrischende Longdrinks mit unzähligen Varianten. Auf der ProWein 2020 vom 15. bis 17. März lassen sich die Neuentwicklungen probieren. Beispielsweise bei der rheinischen Kult-Gin-Marke Siegfried der Rheinland Distillers (Halle 7, Stand B 26), die mit ihrem „Wonderleaf“ den Gin Alkohol-los ersetzen. Gleiches gilt für die Spreewood Distillers (Halle 13, Stand C 17) aus Brandenburg. Spezialisiert auf Rye Whiskey, präsentierten sie im vergangenen Jahr zum Humboldt-Jubiläum einen Gin, inspiriert von den Reisen Alexander von Humboldts. Aktuell folgt nun dessen alkoholfreie Variante.

Erste weitere Produkte kommen allmählich auf den Markt, wie alkoholfreier Rum, Wermut oder Amaro. Und auch weitere klassische und innovative Cocktailzutaten zeigen sich auf der ProWein. So die zahlreichen Sirups von Monin (Halle 13, Stand A 44) oder die faszinierenden Essigsorten von Gölles (Halle 17, Stand F 10). Auch die alkoholfreien Schaumweine der Weinkellerei Weinkönig (Halle 13, Stand F 66) haben das Potenzial, den Trend zu begleiten. Und in dem Bar-inspirierten „same but different“ Bereich, beweisen talentierte Barkeeper den Einsatz der Zutaten mit und ohne Alkohol.

Alkoholfreie Biere starten durch

Zunehmend gilt auch am Tresen der Bierlokale: Die Zeit ist vorbei als alkoholfreie Biere einen faden Trostpreis für die Autofahrer darstellten. Die aktuelle Craft-Beer-Generation beweist, wie Hopfensorten und spezielle Brauverfahren zu schmackhaften Resultaten führen, die als Genuss gelten dürfen. Gerade im Januar eröffnete in London die erste Bierbar, die ausschließlich alkoholfreie Biere ausschenkt.

Die herausragende Qualität der neuen Brauwaren beweisen beispielsweise die Neue Bierkultur GmbH (Halle 7, Stand D 25) das Brlo Naked oder das Maisel & Friends alkoholfrei, beides Pale Ale Varianten, ebenso wie das Kapitän alkoholfrei der Landgang Brauerei aus Hamburg (Halle 7, Stand D 31). Alkoholfreie Biere dürfen bis zu 0,5 % Vol. Alkohol enthalten. Daher weisen manche Etiketten bewusst den Hinweis auf 0,0 % auf. Ein Pionier dieser Gattung in Deutschland war Bitburger. Auf der ProWein zeigen sie mit ihrer Marke „Craftwerk“ (Halle 7, Stand D 53) aber eher ihre besonders kraftvollen Brauspezialitäten.

Der Brauvorgang lässt sich in Teilen auch auf Limonaden umsetzen und so bereitet die Uerige Hausbrauerei eine erfrischende Fassbrause (Halle 13, Stand F 120). Und die oben genannte Marke Brlo aus Berlin experimentiert derzeit unter dem Namen „Hequa“ mit Zucker-reduzierten und Essig-basierten Limonaden.  

Sehr spannend, sehr vielversprechend. Wir wetten ein alkoholfreies Bier darauf, dass auch hierzulande die ersten No- oder Low-Alcohol Bars ihre Pforten öffnen.