Von Paula Redes Sidore and Stuart Pigott
Die Nachfrage nach „grünen“ Produkten ist seit vielen Jahren stetig gestiegen – sicherlich auch ausgelöst durch eine ständig wachsende Anzahl von Konsumenten, die sich vermehrt Gedanken um die Auswirkungen von Lebensmitteln und Getränken auf die Gesundheit macht und beim Einkauf zunehmenden Wert auf Produkte legt, die ohne den Einsatz von synthetischen Zusätzen oder gentechnisch modifizierten Komponenten erzeugt werden. Nicht zu vergessen die Verbraucher mit grüner oder nachhaltiger Lebenseinstellung und das in der Öffentlichkeit gestiegene Bewusstsein für die Themen Umweltschutz und Klimawandel. Dabei wird dann auch weitgehend akzeptiert, dass ein Wein aus ökologischem Anbau mehr kosten muss als ein nicht ökologischer, weil ersterer eben mehr Aufwand im Weinberg erfordert.
Diese Entwicklung hat auch vor dem Produkt Wein nicht halt gemacht, wie die ProWein 2023 einmal mehr unterstreicht. Vor 14 Jahren mit rund 120 Biowein-Anbietern gestartet, sind es auf der kommenden ProWein mehr als 300 Produzenten, Im- und Exporteure und die relevanten Verbände aus aller Welt, die ihre „grünen“ Weine auf der weltgrößten Fachmesse für Weine und Spirituosen vom 19. bis 21. März in Halle 5 präsentieren. Die Sonderschau „Organic World“ (Halle 5, Stand A15-A40) mit rund 40 internationalen Ausstellern sowie zahlreiche weitere Anbieter von Organic- und Bio-Weinen rundet das „grüne“ Angebot auf der ProWein ab.
Spanien, Italien, Frankreich & Österreich weltweit führend
Der ökologische Anbau von Wein hat in den letzten Jahrzehnten beständig zugenommen, Ausreißer nach unten oder oben gibt es in der Statistik nicht. Die aktuellen Zahlen der OIV (Organisation Internationale de la Vigne et du Vin) zeigen, dass heute fast eine halbe Million Hektar Reben (das sind 6,2 % der weltweiten Anbaufläche) ökologisch bewirtschaftet werden, dreimal so viel wie noch vor 15 Jahren. Insgesamt entfallen 74 % der weltweit ökologisch bewirtschafteten Weinberge auf die großen „Drei“ Spanien, Italien und Frankreich. Italien führt gemessen am Anteil der ökologisch bewirtschafteten Rebfläche mit 15 % die Rangliste der Bio-Nationen an, knapp gefolgt von Frankreich und Österreich (je 14 %). In absoluten Zahlen liegt Spanien zwar vor, der prozentuale Anteil der ökologisch bebauten Fläche ist aber deutlich geringer. In Deutschland hat sich nach Informationen des Deutschen Weininstituts der ökologische Anbau in den letzten zehn Jahren verdreifacht – und zwar auf 9 % der landesweiten Rebfläche. Eine besondere Dynamik hat die Schweiz vorzuweisen: Zwar werden aktuell nur 2,8 % der Weinberge ökologisch kultiviert – das ist aber ein beeindruckender Anstieg von 12 auf 426 Hektar in den letzten 25 Jahren und damit Platz drei in der Weltrangliste des Ökowachstums. All diese Zahlen demonstrieren einen klaren Wandel in der Einstellung und den Prioritäten der Verbraucher.
Breites Spektrum an internationalen Verbänden
„Es ist nicht einfach grün zu sein, weder als Erzeuger noch als Konsument.“ Was der amerikanische Puppenspieler Jim Henson vor vielen Jahren so treffend auf den Punkt gebracht hat, gilt heute mehr denn je. Der ökologische Weg ist nicht eben, sondern mit unterschiedlichen Interpretationen, Zertifizierungen und Schlagworten gepflastert. Circa 50 % aller ökologisch arbeitenden Winzer in der EU sind Mitglieder entsprechender Verbände.
Hier eine alphabetische Auswahl der größten auf der ProWein 2023 vertretenen Biowein-Verbände. Wichtig dabei zu berücksichtigen: Die verschiedenen Verbände haben unterschiedliche Schwerpunkte, es gibt keine allgemein gültige Regel. Die Belange und Bedingungen der Winzer in den Schweizer Bergen, um nur ein Beispiel zu nennen, unterscheiden sich vollkommen von denen der Erzeuger im mediterranen Frankreich. Nichtsdestotrotz stellt einem das Verständnis von Konzept und Fokus der einzelnen Verbände eine Grundlage zur Verfügung, verständigere und verantwortlichere Entscheidungen zu treffen.
Bio: Der Begriff „Bio“ ist in ganz Europa durch EU-Vorschriften gesetzlich geschützt. Seit 2012 können nach den entsprechenden EU-Richtlinien erzeugte Weine mit dem geschützten Titel „organic wine“ (Wein aus ökologischen Anbau) vermarktet werden. Diese Richtlinien legen u.a. eine Höchstgrenze für den Einsatz von Schwefel fest und erklären bestimmte Zusatzstoffe sowie gentechnische Maßnahmen für unzulässig. Vorschriftsmäßig produzierte Weine dürfen je nachdem die Bezeichnung Biowein, organischer Wein oder Ökowein tragen und mit dem grünen EU-Logo auf dem Etikett ausgestattet werden.
Bioland (Halle 5, Stand C 30): Wer sich für Bioland entscheidet, sagt gleichzeitig Nein zu chemisch-synthetischen Stickstoff-Düngern und Pflanzenschutzmitteln. Denn die Bioland-Winzer wirtschaften nach strengen Richtlinien. Diese gehen weit über den gesetzlichen Mindeststandard für Bio-Lebensmittel hinaus. Über 300 Weinbaubetriebe haben sich aktuell Bioland angeschlossen.
Demeter (Halle 5, Stand C19): Vor 25 Jahren wurde Thomas Hartenecke aus Baden als erstem Winzer Deutschlands die Demeter-Zertifizierung zuerkannt. Heute gehören der Organisation mehr als 60 deutsche Weinbaubetriebe mit über 500 Hektar Rebfläche an. Demeter ist ein biodynamischer Anbauverband mit 7.000 Mitgliedern weltweit und dafür bekannt, dass er von allen dem ökologischen Weinbau verschriebenen Vereinigungen die strengsten Vorschriften hat. Manche Mitglieder haben sogar ihre gesamte Lebensweise nach den anthroposophischen Prinzipien, die der Biodynamik zugrunde liegen, ausgerichtet.
Ecovin (Halle 5, Stand C 39): Der 1985 gegründete Verband ist mit rund 250 Mitgliedern in Deutschland die weltweit größte Vereinigung von dem ökologischen Anbau gewidmeten Weingütern und arbeitet eng mit internationalen Verbänden zusammen. Die Öko-Zertifizierung von Ecovin genießt höchstes Ansehen.
Fair’N Green (Halle 4, Stand A 49): Als diese Vereinigung 2013 gegründet wurde, lehnten sie einige der etablierten Organisationen als pseudo-ökologisch ab. Ihre Richtlinien legen auf jeden Fall mindestens genauso viel Wert auf lauteren Wettbewerb und Nachhaltigkeit wie auf Belange der Umwelt. Innerhalb der letzten Jahre wuchs die Zahl der Mitglieder in Deutschland bis 2022 auf 75, und auch einige Winzer in Österreich, der Schweiz, Frankreich Italien, Portugal und Israel haben sich der Organisation angeschlossen, die zudem von einem Beirat der Hochschule Geisenheim unterstützt wird.
Vignerons de Nature (Halle 5, Stand C 10): Ein Zusammenschuss von rund 40 französischen, überwiegend exportorientierten Weingütern.
Ebenfalls auf der ProWein präsent – wenn auch nicht mit einem eigenen Stand – ist Respekt-Biodyn mit zahlreichen seiner Mitgliedern (wie z.B. Ökonomierat Rebholz/Deutschland, Wittmann/Deutschland, Weingut Loimer/Österreich, Bernhard Ott/Österreich und Foradori/Italien). Die 2007 gegründete Vereinigung legt hohen Wert auf die biodynamische Seite des Bio-Anbaus und damit verbunden eine relativ pragmatische Anschauung der Biowein-Richtlinien. Die Organisation hat derzeit 27 Mitglieder, die aus Deutschland, Österreich, Italien, Slowenien und Ungarn kommen.
Wenn man sich mit Wein beschäftigt, sollte man immer berücksichtigen, dass die Vinifikation einen genauso bedeutenden Bestandteil darstellt wie der Weinberg. Deshalb muss man die Begriffe „bio-zertifiziert“ und „aus biologischem Anbau“ streng auseinanderhalten. Es kommt darauf an, ob bestimmte Zusätze im Keller erlaubt sind („aus biologischem Anbau“) oder nicht. Um dies und andere komplexe Zusammenhänge der Weinproduktion transparenter zu machen, hat die AÖL Rheinland Pfalz-Saarland (Arbeitsgemeinschaft Ökologischer Weinbau) zusammen mit den Bundesverbänden Bioland, Biokreis, Demeter, Ecovin und Naturland eine ausführliche Broschüre unter dem Titel „Wein aus Trauben” (http://www.weinaustrauben.de) herausgegeben. Dieses Gemeinschaftsprojekt ist dazu gedacht, Menschen, die mehr über den ökologischen Weinbau in Deutschland erfahren wollen, zu einem besseren Verständnis der komplexen Reise von Traube bis zum Glas zu verhelfen.
Aktuelle Informationen zur ProWein 2023 und Fotomaterial sind unter www.prowein.de zu finden.
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