02.12.2009
Im Vorfeld der ProWein 2010 liegen Freud und Leid im Weinland Österreich nah beisammen. Auf der einen Seite gibt es hervorragende Qualitäten zu bejubeln. Andererseits ist die Erntemenge durch natürliche Einflüsse gering. Dennoch kommt Österreich erwartungsvoll und wieder mit mehr Ausstellern nach Düsseldorf
„Auch in konjunkturell schwierigen Zeiten behaupten wir uns gut“, stellt Willi Klinger, Chef der Österreich Wein Marketing in Wien, fest und untermauert das mit Zahlen zum 1. Halbjahr 2009 für den Export nach Deutschland. Zwar gab es ein kleines Mengenminus bei den Flaschenweinen (- 4,5 Prozent), aber im Wert einen Zuwachs von 1,15 Prozent. Die Fassweinexporte stiegen sogar um 30 Prozent – weil Österreich durch den reichlichen Jahrgang 2008 (3 Mio. Hektoliter) mit knapp einem Drittel Tafelweinanteil auf diesem Feld besonders viel preiswerten Wein zu bieten hatte (auch für die deutsche Sektindustrie). In Summe ergibt das beim wichtigsten Handelspartner Deutschland in der Zwischenbilanz ein Mengenplus von 9 Prozent bei einem stabil gebliebenen Exportwert.
„Mit günstigeren Weinen erreichen wir neue, breitere Käufersegmente“, urteilt Klinger. „Die Exportmenge wird in 2009 deutlich steigen, der Erlös vielleicht wieder den Rekord von 2008 mit 113 Millionen Euro erreichen.“ Auf den Wein umgerechnet waren das knapp 60 Millionen Liter, von denen der Löwenanteil mit über 43 Mio. Litern nach Deutschland ging. Die Schweiz als zweitwichtigster Handelspartner liegt mit gut 2,5 Mio. Liter weit dahinter. In die Tschechische Republik verkaufte Österreich zwar gut doppelt so viel, aber zu einem erheblich niedrigeren Preis. In der Schweiz wurden 13,7 Mio. Euro erlöst, in Tschechien knapp 4 Mio. Euro.
Für das nächste Jahr stehen die Zeichen vermutlich nicht auf deutlichem Zuwachs, weil es kaum Billigweine gibt. Österreich wird mit geringeren Weinmengen antreten, aber dafür einer merklich besseren Qualität. Es gibt mehrere Ursachen für die mit 2,2 Millionen Hektoliter nur gering ausgefallene Menge (langjähriger Schnitt 2,5 Mio. hl). Der Behang war teilweise schwach, die Saftausbeute ebenso. Und dann hatte Hagel in mehreren Gebieten heranreifendes Traubenmaterial weitgehend zerstört.
Aber das war fast vergessen, als der Saft aus den Keltern floss. Schon bald nach der Ernte 2009 gab es Jubelchöre. Ernest Grossauer, Chef-Önologe von Lenz Moser strahlt über „außerordentlich vielseitige, hochwertige Qualitäten.“ Paul Rittsteuer aus Neusiedl, Vorsitzender der Vereinigung Renommierte Weingüter Burgenland (RWB) spricht von einem „wunderbaren Weinjahr; bei Rot qualitativ sehr bedeutend.“ Alois Gross aus der Südsteiermark erkennt schon im Jungweinstadium bei seinen Weißen „sehr feine, irrsinnig klare Aromen.“ Und Dr. Bertold Salomon, früher Chef der Wein Marketing, aber seit einigen Jahren im Familienbetrieb Unhof in Krems-Stein zuhause, erwartet schlicht „große Grüne Veltliner.“
Wachsende Ausstellerzahl aus Österreich
Solche Nachrichten werden auch zur ProWein eine wichtige Rolle spielen. Immer mehr Erzeuger in Österreich setzen auf den Messestandort Düsseldorf. Rund 270 Produzenten (Stand Ende November 2009) haben sich angemeldet, darunter mehr als 20 Neulinge. Die renommierten Stars aus den Regionen an der Donau (Wachau, Kremstal, Kamptal) und den sonstigen niederösterreichischen Gebieten sind ebenso dabei wie die Top-Betriebe aus dem Burgenland, die vornehmlich mit edelsüßen Gewächsen und mit ihrer roten Leitsorte Blaufränkisch aufwarten. Auch die Steirer machen Düsseldorf ihre Aufwartungen mit ihren rassigen Weißweinen, der hellroten Spezialität Schilcher und der hier noch jungen „Errungenschaft“ Rotwein, der in den letzten Jahren deutlich an Qualität zulegte. Acht Topwinzer, die „Steirischen Terroir- und Klassikweingüter“ (STK), gehen mit Weißweinen ins Rennen, die den Großen Gewächsen aus Deutschland nachempfunden sind, hier aber Große STK-Lage heißen und erst nach 18 Monaten Reifezeit den Keller verlassen dürfen. Ebenfalls in Düsseldorf dabei sind die Wiener, die trotz eines herben Aderlasses mit gewaltigen Hagelschäden beim 2009er (fast die Hälfte der Ernte war betroffen) unverdrossen ihr Exportgeschäft betreiben und sich dabei viel von der ProWein erwarten.
Die Trends aus Österreich
Ein Trend ist Roséwein, der in Österreich bis vor wenigen Jahren entweder in den Kollektionen überhaupt nicht vorhanden war oder allenfalls eine Nebenrolle spielte. Schon länger hat die große Genossenschaft Winzer Krems, die auf dem deutschen Markt seit Jahren in Prozenten zweistellig wächst, einen Rosé vom Zweigelt im Sortiment. Die große Weinkellerei Lenz Moser (Sitz Rohrendorf bei Krems) startete im Sommer 2009 durch mit ihrem knackigen Fête Rosé vom niederösterreichischen Zweigelt, an dem man, so Marketingchef Friedrich Wimmer, „zwei Jahre herum tüftelte“. Das Ergebnis kommt „sensationell gut an“ - und schmeckt deutlich besser, als es der Regalpreis von rund drei Euro vermuten lässt. Die Brüder Erich und Walter Polz aus der Südsteiermark bieten mit ihrer Neuheit Brut Rosé eine prickelnde hellrote Ergänzung zum beliebten Schilcher-Sekt aus der Nachbar-Region Weststeiermark.
Ein wichtiges Thema, bei dem die Österreicher im Preis-Wert-Verhältnis eine Führungsrolle einnehmen, sind edelsüße Weine. Die Winzer aus dem Kamptal und Kremstal können hier immer wieder brillieren. Aber die größeren Mengen und die besten Tropfen werden in der Regel zu beiden Seiten des Neusiedlersee erzeugt. Die Vorzeigegemeinden sind Rust auf der westlichen Seite mit gewaltigen, lang haltbaren Ausbruch-Weinen (eine spezielle Kategorie zwischen Beerenauslese und Trockenbeerenauslese) sowie Illmitz am Ostufer, wo man gezielt Strohweine erzeugt (die Trauben werden etliche Wochen auf Strohmatten ausgebreitet und rosiniert, die Inhaltsstoffe damit konzentriert) und ansonsten jede Menge Trockenbeerenauslesen, die oft Weltklasse-Format haben.
So beurteilen österreichische Aussteller die ProWein
„Die Messe ist sehr professionell und effizient, sie ist jeden Cent Einsatz wert“, so Günter Triebaumer aus Rust (seit 2005 dabei).
Karl Jurtschitsch als Langenlois (seit 1995 in Düsseldorf vertreten) bezeichnet die ProWein als „wichtigste Messe überhaupt, weil man hier Alt- und Neukunden aus ganz Europa trifft“. Er will in 2010 die ersten Weine aus organisch-biologischem Anbau (in Österreich auf breiter Front im Kommen) vorstellen.
Leopold Blauensteiner aus Gösing, Obmann der Region Wagram, bezeichnet die ProWein als „Herzstück unserer Auslandsaktivitäten“ mit vielen Interessenten aus Skandinavien und den Beneluxländern. 2010 offeriert er erstmals eine rote Cuvée mit Hauptbestandteil Zweigelt. Blauensteiner hat nur zwei Messen ausgelassen. Einige seiner Kollegen sind sogar durchgehend dabei und „Männer der ersten Stunde“, zum Beispiel Franz Leth aus Fels in der Region Wagram (die seit 2008 ein eigenständiges Anbaugebiet ist). „Wir erreichen auf der ProWein fast den gesamten europäischen Markt“, freut sich der engagierte Winzer. Bei ihm geht der Trend zur Straffung des Sortiments und der Konzentration auf die heimischen Klassiker. „Wir stellen lieber Grüner Veltliner und Roter Veltliner sowie Zweigelt in Schaufenster als Chardonnay und Cabernet.“
Die Freien Weingärtner aus Dürnstein (Wachau), die ebenfalls dauerhaft auf der ProWein vertreten sind, wollen ihre Lagen-Selektion Burggarten mit Riesling und dem Gewichtsklassen-Trio Grüner Veltliner (Steinfeder, Federspiel, Smaragd) in den Vordergrund stellen. Die Gespräche mit internationalen Handelspartnern werden schon im Vorfeld abgeklärt, lässt Geschäftsführer Roman Horvath wissen. Ebenfalls über den deutschen Markt hinaus blickt Elisabeth Kamper vom Weingut Esterházy in Eisenstadt. Eine Zielgruppe sind „Händler und Gastronomen aus Skandinavien, Belgien und der Schweiz, die schon letztes Jahr viel Interesse zeigten.“ Zum ersten Mal wird Esterházy in Deutschland Reserve-Rotweine von Einzellagen vorstellen.
Ähnlich agiert Stamm-Aussteller Roman Pfaffl aus Stetten im Weinviertel. „Wir treffen in Düsseldorf nicht nur unsere deutschen Partner, sondern Handelspartner zahlreicher Länder und können hier auch Neukunden gewinnen.“ Pfaffl wird erstmals mit einem Grüner Veltliner Weinviertel DAC Reserve aufwarten, eine neue Kategorie im DAC-Konzept, die für kraftvollere, hochwertigere Veltliner steht und damit die bisherige Erfolgslinie Weinviertel DAC mit eher leichtgewichtigen, saftig-süffigen Gewächsen vom „Grünen“ ergänzt.
„Das Konzept ist heute als Erfolgsfaktor nicht wegzudenken und für viele Weinbauern eine bedeutende Existenzgrundlage“, meint Österreichs Landwirtschaftsminister Niki Berlakovich und verweist auf die anderen DAC-Weinbaugebiete Kremstal, Kamptal, Mittelburgenland und Traisental sowie – ganz neu – Leithaberg (eine Region im Burgenland bei Eisenstadt mit viel Urgestein im Boden).
Autor: Rudolf Knoll*
*Der Autor ist Redakteur des europäischen Weinmagazins VINUM und hier unter anderem zuständig für Österreich. Er hat schon einige Bücher über dieses Weinland geschrieben (darunter das Standardwerk „Grüner Veltliner – eine Karriere“) und diverse Auszeichnungen wie den Bacchus-Preis und Steinfeder-Preis für Weinpublizistik erhalten.