09.01.2009
Im Trend: autochthone Sorten / Treffpunkt Sherry-Lounge
Neben Deutschland, Italien, Frankreich und Österreich zählt Spanien seit jeher zu den Top-Ausstellernationen der internationalen Leitmesse ProWein. Auch zur kommenden ProWein (29. bis 31. März 2009) bildet der Block des Spanischen Instituts für Außenhandel ICEX das Zentrum der spanischen Präsenz. Für Aufmerksamkeit wird dabei der Exportverband aus Navarra sorgen, der sich wieder mit einem Gemeinschaftsstand präsentiert. Navarra gehört zweifellos zu den dynamischsten Regionen im spanischen Weinbusiness und spielt auf dem heimischen Markt eine wichtige Rolle. Das Gebiet zählt zu dem kleinen Kreis der Herkünfte von Qualitätswein in Spanien mit einem bedeutenden und vor allem stetigen Absatz an Qualitätsweinen in Gastronomie und Fachhandel. Im vergangenen Jahr waren auf dem heimischen Markt nur Rioja und Ribera del Duero stärker. Navarra ist eine der ersten Regionen, die das neue spanische Weingesetz von 2003 regional komplett umgesetzt hat und aus diesem Grunde konsequenterweise inzwischen mit zwei Lagenweinanerkennungen (Vino de Pago) glänzen kann. Bis vor kurzem hatte allein die Region Castilla-La Mancha südlich von Madrid mit vier dieser Weingüter mit Lagenweinstatus aufwarten können. Pago de Arínzano und Pago de Irache stehen für die dynamische Region Navarra, welche auch auf D.O.-Ebene mit neuen Weinen und einer neuen Imagekampagne antreten. Pilar García-Granero, neue Präsidentin des Kontrollrates der Herkunftsbezeichnung Navarra, sieht ihr Gebiet im Aufwind und blickt optimistisch auf die kommende ProWein: „Navarra produziert fruchtige Weine, die angenehm zu trinken sind. Das kühle Profil unserer Nordspanischen Region lässt zudem elegante Qualitäten wachsen, die auf den Exportmärkten ein großes Potenzial haben.“
Trend autochthone Sorten
In Spanien liegen Weine aus autochthonen Sorten im Trend. In Navarra und dem östlichen Nachbar Aragón mit den Appellationen Campo de Borja und Calatayud machen vor allem die Weine aus alten Garnachapflanzungen von sich reden. Nachdem die Garnacha - übriges eine autochthone Sorte - lange Zeit nur für Rosados oder in Cuvées verarbeitet wurde, bringt sie nun auch in Spanien international hoch bewertete Spitzenrotweine hervor.
Überhaupt sind autochthone Sorten in Spanien das große Thema. In den vergangenen Jahren hat das Land vor allem im Norden und Westen in dieser Hinsicht einige spannenden Entdeckungen machen können. Zunächst war das nordwestliche Anbaugebiet Bierzo am Jakobsweg in den Focus geraten, denn dort ist mit der Mencía eine Rotweinsorte zu Hause, von der sich der Sektor einen großen Qualitätsschub verspricht. Inzwischen ist eine bemerkenswerte Anzahl an hervorragenden Mencía-Weinen auf dem Markt, die entweder im großen Ausstellerblock der Region Kastilien & León oder bei den vielen Spanienspezialisten zu verkosten sind. Noch größeres Potenzial sehen Weinmacher und Fachpresse in der völlig unbekannten roten Sorte Prieto Picudo. Diese Sorte stammt aus León und zwar aus Tierras de León, einer der vier neuen Qualitätsweingebiete, die einen D.O.-Status erlangt haben und alle in der Region Kastilien & León beheimatet sind. Die Prieto Picudo verfügt über viel Frucht, eine bemerkenswerte Tanninstruktur, stabiles Tannin sowie hohe Säurewerte. Kein Wunder also, dass die Weinnation Spanien, die durch den Klimawandel besonders bedroht ist, auf diese kühl gewachsene rote Traube mit Begeisterung reagiert. Weine aus den vier neuen Appellationen Arlanza, Arribes, Tierras de León und Tierra del Vino de Zamora, präsentieren sich zur kommenden ProWein im Gemeinschaftsblock Kastilien & León. Innerhalb dieses großen Gemeinschaftsstandes finden sich einige kleine, aus Kellereien verschiedener Anbaugebiete zusammengesetzte Konsortien, die insbesondere für den Fachhandel interessant sein können. Die Region bietet während der ProWein geführte Verkostungen an, die das einmalige Angebot dieser für den spanischen Qualitätsweinbau so wichtigen Region näher beleuchten.
Jedes Jahr selbstbewusster tritt die südwestspanische D.O. Ribera del Guadiana auf. Die Herkunftsbezeichnung aus Extremadura hat von den beiden „kühlen“ Jahrgängen 2007 und 2008 stark profitieren können und ist - was die Qualität betrifft - besser aufgestellt denn je. Das Gebiet ist auf Tempranillos spezialisiert und kann ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis bieten. Voraussichtlich werden 15 Erzeuger am Gemeinschaftsstand Ribera del Guadiana vertreten sein. Auch in diesem Jahr wird die Appellation wieder eine Präsentation ihrer Weine in Form einer geführten Verkostung bieten.
Treffpunkt Sherry-Lounge
Traditioneller Anziehungspunkt für alle Spanien-interessierten Messebesucher ist wieder die Sherry-Lounge (Informationsbüro Sherry) in Halle 6. In der Lounge sind unter anderem die Exportverantwortlichen der großen Sherry-Häuser anzutreffen. Die Sherryhäuser gelten als guter Kompass für die aktuelle Situation des spanischen Weinsektors. César Saldaña, Generalsekretär des Kontrollrates für das Sherry-Anbaugebiet, versichert, dass die Sherryhäuser auf die bevorstehenden Zeiten gut vorbereitet sind: „Da die großen Unternehmen aufgrund der für Sherry mageren letzten Jahre restrukturiert und diversifiziert haben, sind sie für die Herausforderungen der kommenden Zeit gut vorbereitet. Die Kellereien, die sich in den letzten Jahren gut gehalten haben, werden sich auch jetzt gut behaupten. Es gilt natürlich, nur die wirklich flexiblen Betriebe haben auf lange Sicht gute Karten!“
Konstante Preise
Spanien hat 2008 keine große Ernte eingefahren und liegt mit weniger als 40 Millionen Hektoliter unter den Ergebnissen Italiens und Frankreichs. Trotzdem kann von Preiserhöhungen keine Rede sein. Konjunkturelle Überlegungen, aber auch der vorhandene Stock lassen vermuten, dass im Großen und Ganzen kaum Preissteigerungen ins Auge gefasst werden. Tonangebende Gebiete wie die D.O.Ca. Rioja oder Ribera del Duero zeigen keine allgemeine Aufwärtstendenz, so dass auch insgesamt kaum mit Preissprüngen zu rechnen ist. Spanien weiß, dass aufgrund der extrem schwierigen Situation auf dem heimischen Markt, wo nach bereinigten Zahlen der Pro Kopf-Verbrauch unter 25 Liter gesunken sein soll, alleine die Exportmärkte Perspektiven aufweisen. Und diese reagieren momentan extrem empfindlich auf anziehende Preise.
Der Autor David Schwarzwälder ist Spanienkorrespondent für die Zeitschriften Weinwirtschaft, Weinwelt, Sommelier Magazin (Meininger Verlag) und schreibt u.a. auch für den Feinschmecker, Weingourmet sowie für diverse spanische Magazine.