04.02.2009
Weinreisen liegen hoch im Kurs. Das bestätigt auch der Weintourismus-Experte Tillmann Otto vom Europäischen Tourismus Institut. Mit ihm sprach die Fachmesse für Weine und Spirituosen ProWein über Trends, Angebote und die beliebtesten Destinationen.
ProWein: Herr Otto, immer mehr Deutsche begeistern sich für Weinverkostungen und –reisen. Was steckt hinter diesem neuen Freizeittrend und wie ist er genau entstanden?
Otto: Weinverkostungen waren ursprünglich ein klassisches Direktvermarktungstool der Winzereien. Mit dem heutigen gesteigerten Interesse an Weinen und ihrer Herstellung haben sich diese Verkostungen zu gefragten Freizeitattraktionen entwickelt. Viele Interessenten verbinden den Besuch eines Weinguts mit ihrem Urlaub - daraus ist schließlich in den letzten 25 Jahren ein ganz neuer Tourismuszweig entstanden, der nach und nach immer populärer wird. Heute ist Weintourismus ein stark wachsender Markt.
ProWein: Welche Angebote gibt es für weininteressierte Touristen?
Otto: Die meisten Winzereien bieten Besuchern die Möglichkeit einer klassischen Weinprobe. Hierbei erläutert der Winzer während der Verkostung unter anderem die geologischen und mikroklimatischen Bedingungen, die den Charakter seiner Weine prägen. Häufig wird die Probe auch in Verbindung mit einem mehrgängigen Menü durchgeführt, bei dem die Teilnehmer das Zusammenspiel der Weine mit den jeweiligen Speisen erfahren können. Einige Weingüter präsentieren ihren Besuchern aber auch umfangreichere Angebote, die bei der Verkostung anfangen, über die Übernachtung bis hin zu informativen Wanderungen durch die Weinberge reichen. Erst dann kann man tatsächlich von Weintourismus sprechen. Neben den Winzern selbst, gibt es allerdings auch Reiseveranstalter wie zum Beispiel VinTour und VinArTours, die sich auf Weinreisen spezialisiert haben. Hier können Interessierte mehrtägige Reisen durch bestimmte Weinregionen und –länder buchen, auf denen sie gleich mehrere Weingüter besuchen.
ProWein: Was kostet solch eine Weinreise durchschnittlich?
Otto: Eine 3-tägige Weinreise durch ein Weinbaugebiet kostet zwischen 800 und 1.100 Euro. Dabei handelt es sich allerdings um erstklassige Angebote, die ein ausgiebiges Programm mit Abendgestaltung und 5-Gänge Menü beinhalten.
ProWein: Weinreisen sind demnach eher für eine einkommensstarke Zielgruppe interessant?
Otto: Ja, das ist grundsätzlich sicher richtig. Die Kern-Zielgruppe ist sowohl einkommensstark wie anspruchsvoll. Aber auch für den kleineren Geldbeutel gibt es das ein oder andere Angebot. Was die Altersstruktur betrifft, siedeln wir die Zielgruppe im Durchschnitt bei 50+ an, wobei in den letzten Jahren auch immer mehr Jüngere dazu kommen, die gezielt etwas über das Weinbaugebiet erfahren und sich weiterbilden möchten.
ProWein: Welche Weinregionen sind touristisch besonders gefragt?
Otto: In Deutschland liegt Rheinland-Pfalz hoch im Kurs. Insbesondere weil sich dort sechs der 13 deutschen Weinanbaugebiete befinden. Die Beliebtheit hängt aber natürlich auch von den touristischen Angeboten ab. An der Mosel beispielsweise haben sich die Winzer sehr früh aufgestellt und bieten Weinliebhabern jede Menge attraktive Highlights. So gibt es dort neben der klassischen Verkostung unter anderem auch Erlebnistouren durch die Weinberge mit extra ausgebildeten Weinerlebnisführern. Neben Deutschland erfreuen sich in Europa insbesondere die Nachbarländer wie Frankreich oder Österreich außerordentlicher Beliebtheit bei Weintouristen. Aber auch auf den übrigen Kontinenten ist der Weintourismus teilweise weit verbreitet. So werden in Australien landschaftlich beeindruckende Reisen durch das Barossa Valley angeboten, während in Südafrika die Kapregion mit vielen attraktiven Weingütern aufwarten kann.