26.01.2009
Die Aufbruchstimmung ist in der französischen Weinbranche deutlich zu spüren: Mit modernen Konzepten und neuen Weinstilen, aber auch mit authentischen, herkunftsgeprägten Weinen sind die französischen Winzer in der globalisierten Welt angekommen. Sie haben verstanden, dass nur eine permanente Neuorientierung und Anpassung des Angebots an die Marktbedürfnisse den Erfolg Frankreichs auf dem internationalen Weinmarkt auf Dauer sichern kann.
Um sich den veränderten Marktbedingungen anzupassen, hat der französische Weinbau in den letzten Jahren einen Erneuerungsprozess auf mehreren Ebenen begonnen. Rebflächen wurden umstrukturiert, Reformen eingeleitet, das Angebot an die aktuellen Marktanforderungen angepasst und die Kommunikation verstärkt. So macht die Reform des AOC-Systems die vielfältigen und komplizierten Appellationen transparenter und vereinfacht die Angebotsstruktur. Mit mehr Flexibilität in önologischen Praktiken haben die Produzenten ihre Weine insbesondere im mittleren Preissegment neu positioniert – ohne dabei die traditionellen Werte des französischen Weinbaus wie Terroir, Tradition und Savoir-faire aus den Augen zu verlieren. Ein breites Angebot an Qualitäts- und Landweinen, an Rebsorten- und Markenweinen bedient heute die unterschiedlichsten Marktsegmente.
Seit 2005 steigen die Exportzahlen für französischen Wein wieder weltweit an. Während England und Amerika sich seit der Bankenkrise beim Kauf teurer französischer Gewächse zurückhaltend zeigen, gehen superteure Weine aus Frankreich in Märkte wie Indien oder China, die es vor zehn Jahren noch gar nicht gab. Vergleicht man die wichtigsten Exportmärkte miteinander, so verzeichnen unter den zehn wichtigsten Exportmärkten vor allem Kanada, Japan und Deutschland wertmäßig die beste Entwicklung. Laut GFK konnten französische Weine in der ersten Jahreshälfte 2008 nach mehreren Jahren des Rückgangs erstmals wieder Marktanteile im deutschen Lebensmittelhandel hinzugewinnen. Dennoch ging im ersten Halbjahr 2008 die nach Deutschland insgesamt ausgeführte Menge im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 3,7 Prozent zurück, wogegen der Wert im gleichen Zeitraum um 12,6 Prozent anstieg.
Seit 15 Jahren war die Ernte in Frankreich nicht mehr so klein wie 2008. Das Erntevolumen wird auf 43 bis 44 Millionen Hektoliter geschätzt, in den letzten 10 Jahren waren es im Durchschnitt jährlich 54,4 Millionen Hektoliter. Doch die Qualitäten sind vielversprechend, in einigen Regionen wie Bordeaux, der Champagne oder Südfrankreich sogar überragend. Man darf also gespannt sein auf den neuen Jahrgang, der zur ProWein vorgestellt wird. Bei Frankreichs Weinproduzenten gilt die ProWein als unverzichtbare Messe für das weltweite Exportgeschäft. „An den Stand von Vinergie kommen nicht nur unsere deutschen Kunden. Unsere französischen Partner empfangen hier zum großen Teil auch Besucher aus allen angrenzenden Ländern“, weiß Wolfgang Zuzok, Geschäftsführer von Vinergie in Düsseldorf, einem Distributionsverbund der wichtigsten Genossenschaften aus den Regionen Rhone, Provence, Südwestfrankreich und Burgund. Willem Schiks, Exportleiter der Vermarktungsorganisation Terroirs et Talents, die mehrere Domänen aus dem Beaujolais liefert, kommt vor allem wegen der Kunden aus den Niederlanden, Osteuropa und Skandinavien nach Düsseldorf. „Wenn es bei der ProWein nur allein um den deutschen Markt ginge, wäre ich nicht sicher, ob ich dieses Mal teilnehmen würde“, sagt er ganz offen.
Frischer Wind fürs Weinregal
Genauso wie die Aussteller bringt auch SOPEXA Paris mit dem neu designten französischen Gemeinschaftsstand frischen Wind in die Halle 5. Mit modernen Konzepten, neuen Weinstilen und frechen Ideen vor allem im Verpackungsbereich zeigen die Aussteller, dass Frankreich mehr zu bieten hat als ehrwürdige Châteaux und traditionelle Weinkultur. Weine zum Mitnehmen gibt es als 25 cl-Einzelportion im ansprechend gestalteten Tetrapack oder in der schmucken Aludose. Für die große Party kommen die bereits etablierten Bag-in-Boxes (BiB) im edlen Design oder auch in witzigen neuen Formen daher. Die gestiegenen Preise für Rohstoffe dürften den BiB auch weiterhin eine gute Entwicklung sichern, sind Weine in der gleichen Qualität im BiB umgerechnet auf 0,75 l doch günstiger. Die klassische Weinflasche präsentiert sich zunehmend als PET-Leichtgewicht. Markenweine schmücken sich mit flotten, ungewöhnlichen Etiketten, auf denen sich häufig auch gleich der passende Konsumanlass findet. Rebsortenweine bleiben im Trend, wobei Frankreich mit den neu zugelassenen Weinen ohne Herkunftsangabe verstärkt im internationalen Wettbewerb mitspielt. André Barlier, stellvertretender Direktor von Viniflhor (französisches Amt für Obst, Gemüse, Wein und Gartenbau) sieht darin eine Chance. „Die AOC-Weine bleiben wichtigster Imageträger und Exportmotor der französischen Weinbranche. Darüber hinaus suchen die Erzeuger aber nach weiteren Exportchancen. So werden sich die heutigen Vins de Pays größtenteils als Weine mit geografischer Herkunft am Markt positionieren. Daneben zeigen jedoch viele Erzeuger großes Interesse an Produktion und Vermarktung der neuen Kategorie Vins de Pays Vignobles de France, den Landweinen, die ohne genauere Herkunftsbezeichnung aus ganz Frankreich kommen dürfen. Da Frankreich die dafür notwendigen Rebflächen und kompetente Erzeuger hat, sind Projekte in Arbeit, um diesen Weintyp zu lancieren und auch Markenweine für dieses neue Segment zu entwickeln.“
Weintrends in Frankreich
Im Nischensegment setzen die Franzosen auf autochthone und daher ungewöhnliche und unbekannte Rebsorten, die eine interessante Geschmacksalternative zu den aus aller Welt erhältlichen Cabernet Sauvignons oder Chardonnays bieten. „Frankreich besinnt sich auch wieder auf seine ursprünglichen Stärken wie Herkunft und Terroir“, freut sich Wolfgang Zuzok. Diese Rückbesinnung kommt zur rechten Zeit, denn der Handel frage immer mehr nach charakteristischen, typischen Weinen aus den einzelnen Regionen.
Weine aus klassischen Appellationen Frankreichs, die zu einem guten Preis einen breiten Verbrauchergeschmack treffen, sind immer ein Erfolgsgarant. Das zeigt sich eindrucksvoll am Beispiel Les Grands Chais de France. „Weine, die dem Verbraucher Freude und Trinkspaß bieten, zu einem wettbewerbsfähigen Preis herzustellen, das ist uns extrem wichtig“, bestätigt Francis Dieudonné, Commercial Managing Director bei der Gruppe. Das Unternehmen mit Sitz im elsässischen Petersbach ist auf der ganzen Welt aktiv und in vielen Ländern Marktführer. Als Ergänzung zum Markengeschäft (wichtigste internationale Marken Chenet) legt Grands Chais de France unter anderem auch zur ProWein einen Schwerpunkt auf die Appellationsweine seiner zehn eigenen Weingüter. „Wir optimieren damit unsere Präsenz beim Kunden als Vollanbieter und beweisen unsere Weinkompetenz“, so Dieudonné weiter.
Auf den Bio-Trend reagiert Frankreich mit einem stetig wachsenden Angebot. Innerhalb der vergangenen zehn Jahre hat sich die Fläche der französischen Biowein-Produktion vervierfacht. „Das Interesse der französischen Biowinzer für den deutschen Markt ist enorm gestiegen“, bekräftigt Alain Réaut, Präsident des französischen Biowinzer-Verbandes FNIVAB (Fédération Nationale Interprofessionnelle des Vins de l'Agriculture Biologique). Die Entwicklungsprognosen für den französischen Bio-Weinbau sieht er durchweg positiv, denn schließlich seien es die biologisch erzeugten Weine, die dank ihrer Herstellungsweise tatsächlich die Bezeichnung Vin de terroir verdienen und sich mit ihrer ausgezeichneten Qualität und vielfältigen Aromenpalette im breiten Weinangebot Frankreichs profilieren könnten.
Die französischen Crémants, die in sieben Anbaugebieten nach der traditionellen Flaschengärmethode hergestellt werden, überzeugen mit ihrem guten Preis-Genuss-Verhältnis immer mehr Verbraucher. Längst hat sich Crémant nicht nur als Champagner-Alternative, sondern als eigenständige Schaumweinkategorie etabliert. Zur ProWein macht besonders das Angebot an Crémants Rosé auf sich aufmerksam.
Klein und Groß unter einem Dach
Wie im Vorjahr, sind auch 2009 wieder weit über 400 Anbieter französischer Gewächse anwesend. Einen schnellen Überblick über das aktuelle Angebot der französischen Aussteller bietet zum einen die Verkostungszone France 2009 in der Halle 5 mit den besten 100 französischen Weinen auf der Messe. Zum anderen gibt es geführte Verkostungen an den Gemeinschaftsständen, wie beispielsweise Elsass, Provence, Rhône, Südwestfrankreich, Loire oder Bergerac. Auch der größte Verbund Intersud, der alle Weinqualitäten aus Languedoc und Roussillon unter einem Dach vereinigt, ist zum zweiten Mal in Düsseldorf vertreten. Die Big Player aus allen Regionen Frankreichs (u.a. Les Grands Chais de France, Groupe Castel, JeanJean, Val d’Orbieu, Ackerman Remy Pannier, Skalli, Yvon Mau) zeigen ebenso Flagge wie die führenden Genossenschaften oder die unzähligen kleinen Châteaux und Domänen, bei denen der Winzer selbst seine Produkte vorstellt. Große Handelshäuser (u.a. Grands Vins Gironde, Borie Manoux, Ginestet, Cheval Quancard) sind aus dem Bordelais ebenso vertreten wie die Vignerons independants d’Aquitaine, die Winzer, die sich selbst vermarkten. Und last but not least präsentieren sich auch die kleinen und großen Champagnerhäuser erneut zur ProWein.
Die Autorin Brigitte Engelmann arbeitet als freie Journalistin für verschiedene deutsche und französische Weinpublikationen.