20.02.2008
An Gewächsen „made in Germany“ führt für Wein-Enthusiasten kaum mehr ein Weg vorbei. Voller Optimismus präsentieren sich daher die 13 deutschen Anbaugebiete zur diesjährigen ProWein vom 16. bis 18. März in Düsseldorf. Grund zur Freude haben die deutschen Weinprouzenten nicht zuletzt wegen der guten Inlandsnachfrage nach ihren Weinen. Nach Angaben des Deutschen Weininstitutes ist der Pro-Kopf-Verbrauch von Wein im Zeitraum August 2006 bis Juli 2007 auf 20,6 Liter gestiegen. Das entspricht 0,5 Liter mehr als im vorhergehenden Weinwirtschaftsjahr und 2,5 Liter mehr als vor zehn Jahren. Insgesamt wurden in diesem Zeitraum 19,6 Millionen Hektoliter in- und ausländische Stillweine abgesetzt.
Maßgeschneiderter Jahrgang 2007
Nachdem der 2006er Jahrgang ebenso wie sein Vorgänger 2005 knapp ausgefallen war (9,1 Mio hl), herrschte Ende des Jahres 2007 bei vielen Erzeugern gähnende Leere in den Flaschenlagern. Da kam der 2007er Jahrgang wie gerufen. Er bescherte den deutschen Winzern eine Menge von 10,5 bis 11 Millionen Hektoliter. Genug, um die steigende Nachfrage nach deutschen Weinen im In- und Ausland bedienen zu können. Die Erntemenge liegt um 8 Prozent über dem langjährigen Mittel. Vor allem aber: Die Qualitäten sind sehr gut und viel versprechend, wie erste Proben des Jahrgangs schon gezeigt haben. Besonders profitierten die spät reifenden Sorten wie Riesling und Spätburgunder.
Das Jahr hatte mit einer rekordverdächtig frühen Blüte begonnen. Nach dem trockensten, wärmsten und sonnigsten April seit Beginn der Wetteraufzeichnungen 1901 setzte die Rebblüte schon um den 20. Mai ein, so früh wie seit Menschengedenken nicht. Der kühle Sommer verlangsamte die Entwicklung, doch wurde bei den früh reifenden Sorten schon Ende August mit der Lese begonnen. Der Bilderbuchherbst mit viel Sonne sorgte dafür, dass sie Winzer sehr lange lesen konnten. Da die Wasserversorgung der Reben durch ausreichende Niederschläge gut war, konnten sich die Trauben gesund entwickeln. Abgerundet wurde der Jahrgang durch die Eisweine, die mit hohen Mostgewichten gelesen werden konnten.
Deutsche Erzeuger zur ProWein 2008
Unter den über 3.000 Ausstellern der ProWein präsentieren in diesem Jahr mehr als 740 Weingüter, Genossenschaften, Kellereien, Gemeinschaftsstände von Anbaugebieten, Organisationen oder Verbänden die Vielfalt der deutschen Weinszene: Die ProWein ist damit auch die bedeutendste Leistungsschau der deutschen Weinwirtschaft. Die größten dürften wohl die des Anbaugebiets Rheinhessen (Rheinhessenwein, 4 G66), Pfalz (Pfalzwein, 5 H142), Baden (4 A40, A55, 4 B31), Mosel (4 D68), Württemberg (4 D33), Rheingau (4 G23) und Franken (4 F28) sein. Sachsen präsentiert sich in Halle 4 F 26. Das Deutsche Weininstitut (Halle 4 G86) stellt die beiden Rebsorten Riesling und Spätburgunder in den Mittelpunkt.
Die im VDP organisierten Weingüter aus allen deutschen Anbaugebieten sind mit 130 Betrieben am Gemeinschaftsstand in Halle 4 G27, J37 und J67 vertreten. Hier kann man schon vor der VDP-Weinbörse im April erste Jungweine des neuen Jahrgangs verkosten und unter dem Stichwort „WeinWortWechsel“ interessante Gesprächsrunden anhören. Neben Klassikern des Verbandes wie die Weingüter Schloss Johannisberg (Rheingau), Gunderloch (Rheinhessen), Bürklin-Wolf, Geheimer Rat Dr. von Bassermann-Jordan sowie Reichsrat von Buhl (alle Pfalz), Joh. Jos. Christoffel Erben (Mosel-Saar-Ruwer), Toni Jost (Mittelrhein), Schlossgut Diel (Nahe), Juliusspital und Rudolf Fürst (Franken) oder Bercher (Baden) und Meyer-Näkel (Ahr), präsentiert sich auch der VDP-Neuzugang Clemens Busch (Mosel-Saar-Ruwer).
Barrique-Forum und andere Vereinigungen
Für Liebhaber der im Holzfass ausgebauten Weine empfiehlt sich ein Besuch am Stand des Pfälzer Barrique.Forums (5 L139). Diese Vereinigung hat im Januar 2008 wieder die Weine für die Kollektion Großer Weine ausgewählt.
Wer gerne mit jungen, ambitionierten Winzern ins Gespräch kommen möchte, sollte auf die Stände der zahlreichen Vereinigungen mit originellen Namen achten: Message in a Bottle (4 D81), Südpfalz Connexion (4 B66).
Riesling ist Trumpf: Der Riesling ist nach wie vor Zugpferd Nummer eins der deutschen Weine, auch bei den Exporten (vor allem USA). Der 2007er Jahrgang wird auch im Qualitätsweinbereich sehr gute Qualitäten voll Rasse, Frucht und Frische bringen. Deutschland besitzt rund 21.200 Hektar Riesling. Zu entdecken sind jedoch auch zahlreiche andere Weißwein-Sortenklassiker wie die Burgundersorten (Weißburgunder, Grauburgunder), Silvaner, Rivaner, dazu seit einigen Jahren Chardonnay und Sauvignon Blanc aus deutschem Anbau. Diese beiden internationalen Sorten haben inzwischen ein eigenständiges deutsches Profil entwickelt. Seltene Sorten wie Auxerrois, Muskateller oder Rieslaner machen das Angebot auch für Entdecker äußerst reizvoll. In letzter Zeit ist das Interesse an Weißweinen wieder gestiegen.
Rotwein-Boom: Dem Spätburgunder gilt besondere Aufmerksamkeit. Deutschland ist mit rund 11.800 Hektar nach Frankreich und den USA der weltweit drittgrößte Erzeuger dieser vornehmsten unter den roten Sorten. Beim Deutschen Weininstitut registriert man einen starken Trend zum Spätburgunder oder auch Pinot Noir. Auch andere Rotweine sind bei den Konsumenten äußerst beliebt. Neben dem Dornfelder, der nach dem Spätburgunder mit rund 8.230 Hektar Rebfläche an zweiter Stelle bei den Rotweinsorten steht, sind St. Laurent, Lemberger, Schwarzriesling und Portugieser interessant. Internationale Sorten wie Cabernet Sauvignon und Merlot sind heimisch geworden und werden vielfach in hochwertigen Cuvées eingesetzt, wo sie häufig im Barrique ausgebaut werden. Neuzüchtungen wie Acolon, Regent, Cabernet Dorsa und Cabernet Cubin werden nicht selten reinsortig angeboten, eine einzigartige Verkostungs-Erfahrung, die die deutschen Rotweine bieten. Der Rotwein-Anteil beim Weineinkauf lag im ersten Halbjahr 2007 bei 51,4 Prozent (Weißweine: 39,8 Prozent). Flächenmäßig verteilen sich Rot- und Weißweine im Verhältnis 36,9 zu 63,1 Prozent. Im Jahr 2000 waren die Anteile noch 26 : 74.
Kabinett-Comeback: Alkoholleichte Weine sind gefragt. Der Renaissance des klassischen Kabinett-Typs ist nach Meinung des Vorstandssprechers des Ökoweinverbandes ECOVIN, Timo Dienhart, „in vollem Gange“: „Viele bewusst lebende Menschen schätzen gut gemachte, terroirbetonte ‚low-alc’-Weine, die für die Winzer in Zeiten der Klimaerwärmung eine echte Herausforderung darstellen.“
Rosé punktet: Blanc de Noir und Rosé haben seit einiger Zeit einen ungeahnten Aufschwung. Viele Erzeuger werden neue Produkte dieser Gattung vorstellen. Bei der Qualitätsweinprüfung 2006 hatten Rosés und Rotlinge einen Anteil von 8,3 Prozent. Im ersten Halbjahr 2007 lag ihr Anteil bei den privaten Weinkäufen im Handel schon bei 8,8 Prozent; eine Zunahmen gegenüber dem vergleichbaren Zeitraum des Vorjahres um 6,3 Prozent. Im Wert lag der Zuwachs sogar bei 12,4 Prozent. Rosé-Weine sind das deutlich am stärksten wachsende Weinsegment. (GfK Consumer-Tracking) Auf das Potenzial deutscher Rosés im Export weist Michael Willkomm von der Weinkellerei Peter Mertes hin: „Die könnten angesichts des Wachstums von Roséweinen in Ländern wie den Niederlanden, England und Skandinavien gute Chancen haben.“
Nachhaltig überzeugt: Bio-Weine sind auch in Produktlinien des Lebensmittelhandels keine Seltenheit mehr und werden weiter zunehmen. Immer mehr Spitzenbetriebe arbeiten nach Kriterien des ökologischen Anbaus oder stellen ihre Bewirtschaftung um, denn bis zur Zertifizierung vergehen einige Jahre. Es gibt unterschiedliche Vereinigungen; die größte in Deutschland ist ECOVIN mit derzeit rund 200 Mitgliedsbetrieben, von denen sich einige am Stand des Verbandes (Halle 4 D86) präsentieren. In Deutschland werden etwa 2.000 Hektar Rebfläche ökologisch bewirtschaftet.
Trocken oder nicht trocken? Zwar sind die trockenen Weine nach wie vor am meisten gefragt, doch finden auch feinherbe (halbtrockene) oder edelsüße Weine immer mehr Liebhaber. Bei der Qualitätsweinprüfung 2006 lagen die edelsüßen und lieblichen Weine mit einem Anteil von 40 Prozent knapp vor den trockenen (37 Prozent). Die Geschmacksrichtung halbtrocken entfiel auf 23 Prozent der angestellten Weine. Annegret Reh-Gartner vom Weingut Graf Kesselstatt (Mosel-Saar-Ruwer) verzeichnet international eine wachsende Nachfrage nach trockenen Weinen, im Inland aber eine „leicht steigende Tendenz“ für halbtrockene Rieslinge.
Der Autor Dr. Rolf Klein ist Mitbegründer und ehemaliger Chefredakteur der Zeitschrift „Weinwirtschaft“ aus dem Meininger Verlag. Heute arbeitet Dr. Rolf Klein als selbstständiger Weinjournalist.