Korkenzieher kommuniziert mit dem iPhone
Setzten die Winzer Englands lange auf früh reifende Sorten wie Bacchus, Seyval Blanc, Huxelrebe, Ortega, Reichensteiner, Müller-Thurgau, Schönburger und diverse Hybriden, hat bei der Pflanzpolitik inzwischen längst ein Umdenken eingesetzt: die Hälfte aller Neuanlagen bestehen heute aus Chardonnay, Pinot Meunier und Pinot Noir. Vorbei die Zeiten, in denen die englischen und walisischen Weine als eher bescheidene Kopien der Deutschland-Importe à la Liebfraumilch daher kamen, mit ordentlich Restzucker versehen, um die hohe Säure abzupuffern, und nicht gerade als Essensbegleiter prädestiniert. Pioniere wie der Premium-Sekthersteller Nyetimber in West Sussex setzen auf den Trauben-Blend der Champagne und orientieren sich auch bei Ausbau und Preis am großen Vorbild jenseits des Kanales. Mit großer Genugtuung wird vermerkt, dass in jüngster Zeit immer wieder Vertreter bedeutender Champagnerhäuser diskret die Möglichkeiten für neue Anbauflächen im Süden Englands sondieren…
In der Tat hat der dortige Weinbau in den vergangenen 15 Jahren eine Atem beraubende Entwicklung genommen: die Sparkling-Produktion hat sich seit dem Millennium von rund 250.000 Flaschen auf bald vier Millionen verfünfzehnfacht. Hinzu kommt noch die halbe Menge an Stillweinen, unter denen sich vor allem die Rosés stetig steigender Beliebtheit erfreuen. Obwohl die Nachfrage nach den einheimischen Schäumern auf der Insel die verfügbare Menge übersteigt, setzen die Top-Produzenten mehr und mehr auf den Export. Ridgeview zum Beispiel verkauft bereits über 20 Prozent seiner Sparklings außerhalb des Landes, nach Australien, Dänemark und Finnland ebenso wie nach Hong Kong, in die Schweiz und in die USA.
Für Besitzer Mike Roberts, der in der Computerbranche sein Geld verdient hatte, bevor er 1994 das Weingut in Sussex aus dem Boden stampfte, ist das wechselhafte Klima auf der Insel das einzige Problem, das den weiteren Aufstieg bremsen könnte: „Das ist eigentlich die einzige Sorge, die ich habe…“ Wenn das Wetter mitspielt, was zum Beispiel 2013 nicht der Fall war, können in den South Downs “außergewöhnliche Schaumweine mit kristallklarer Mineralität und Säure und Noten von wildem Kerbel und Heckenrosen“ entstehen, denen der Weinautor Adam Lechmere schon heute eine eigene englische Terroir-Stilistik attestiert: „Das muss dann nur noch nach dem Burberry-Effekt international vermarktet werden.“