Kommentare von Kristjan Markii
Die Trends in Estland und dem Baltikum allgemein sind sehr ähnlich und gleichzeitig doch sehr unterschiedlich. Es ist ein Boom der lokalen Kleinproduktion, der so genannten handwerklichen Produktion, festzustellen. Gleichzeitig wird der Großteil der Getränke (Wein, Spirituosen) immer noch importiert. Ich würde sagen, dass die Trends in folgenden Kategorien so aussehen:
Wein: Insgesamt hat Wein das Image, dass er ein edles Getränk ist und ein klein wenig gesünder ist als andere alkoholische Getränke. Zum Essen kommt er immer öfter täglich auf den Tisch - sowohl zu Hause als auch in den Restaurants. Aufgrund der guten wirtschaftlichen Position erfährt das Geschäft mit edlen Weinen einen leichten Anstieg. Sekt und Champagner stehen momentan im Mittelpunkt. Mengenmäßig ist Prosecco immer noch die Nummer eins, aber die Konsumenten wenden sich immer mehr dem traditionellen Sekt wie Champagner, Crémant oder Cava zu. Bei diesen Getränken liegt der Fokus mehr auf Terroir-Weinen und Erzeugern mit Persönlichkeit. Im Bereich Stillweine sehe ich dieselben Trends, sowie eine besonders biodynamische und natürliche Weinszene, die sich in den Restaurants und bei den Influencern entwickelt, was bald eine Auswirkung auf die Liebhaber von gängigen Weinen haben wird. Außerdem sehe ich ein Wachstum, oder sagen wir mal ein Comeback der Weinsorten aus Osteuropa. Der süßliche Style von geringerer Qualität wird ersetzt durch trockenere und hochwertigere Weine und bietet einen hohen Wert und entdeckenswerte interessante Regionen und Trauben.
Bier und Apfelwein: In der Bierszene stabilisiert sich die Revolution des Craft-Biers. Das Entstehen neuer Brauereien verlangsamte sich im letzten Jahr und man kann sagen, dass der Markt in diesem Sektor eng ist. Für bestehende Brauereien ist es jetzt Zeit, das Qualitätsniveau und die Preise zu verbessern, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Ein neuer Trend ist sowohl Bier mit saurer Note von lokalen Brauern als auch eingeführte Craft-Biere. Styles wie Gose, Gueuze, Berliner Weisse usw. liegen hoch im Trend. Die meistverkauften Biere sind aber immer noch im Inland erzeugte sowie eingeführte helle Lagerbiere. Bei den Apfelweinen geht der Massenmarkt für süße Apfelweine zurück und neue lokale Erzeuger mit trockenem Style und Charakter übernehmen in feinen Restaurants und Bars immer mehr das Zepter. Es gibt sehr viel verfügbares Rohmaterial und Wachstumspotential für mehr Erzeuger.
Spirituosen: Wodka ist die meistverkaufte Spirituose und die wichtigsten verkauften Wodkasorten sind schon sehr lange auf dem Markt. Lokal gibt es drei Haupterzeuger: Altia Eesti Ltd, A/S Liviko und Moe Spirits. Was eingeführte Wodkas anbelangt, so kommen die meisten davon aus Russland und der Ukraine, mit ein wenig Konkurrenz aus Schweden und Finnland.
Gin boomt momentan richtig und ist die trendigste Spirituose auf dem Markt. Es gibt unzählige eingeführte Marken, was den Start der lokalen Ginproduktion jedoch noch begünstigt hat. Es gibt momentan etwa 10 Erzeuger, aber wir können uns innerhalb der nächsten Jahre auf einen Anstieg einstellen. Was die letzten Trends anbelangt, würde ich sagen, dass Rum, Mezcal und edler Tequila und Whiskey noch in der Warteschleife sind und auf ihren großen Auftritt warten. Diese Spirituosen bekommen starke Unterstützung im Barkeeping-Bereich und werden bald an die Macht kommen, zumindest werden einige von ihnen einen Anteil der Beliebtheit des Gins für sich beanspruchen.
Zusammenfassend sehe ich mehr und mehr Konsumenten, die den Fokus auf Qualität und Geschmack und weniger auf Menge und Preis setzen. Die Herkunft des Getränks ist wichtig. In alten Zeiten erwarteten die Konsumenten, dass gute Weine in Frankreich oder Italien und Whiskey in Schottland erzeugt wird. Diese Erwartung verliert an Bedeutung und die Verbraucher tendieren zu mehr Aufgeschlossenheit. Es ist wichtiger, ein hochwertiges Produkt mit Charakter und eine gute Geschichte mit einer fairen Preisgestaltung zu bekommen.