„Wir müssen uns schneller an Leichtflaschen und alternative Verpackungen gewöhnen“, fordert Lira mit einem Seitenblick auf staatsmonopolistisch organisieren skandinavischen Länder, wo BiB & Co. über die Hälfte der Verpackungen ausmachen.
Die Märkte sind jedoch fragmentiert. In Deutschland etwa ist neben der Ein-Liter-Flasche, die für einen preiswerten Winzerwein steht, vor allem Zurückhaltung zu finden. Wein soll erst mal Wein bleiben. Nach der Rekordernte 2018 kam sogar die Flaschenproduktion nicht nach.
In Großbritannien tun sich alternative Behältnisse leichter. In Bars und Restaurants läuft auch Wein aus der Zapfanlage. Innovativ, Öko, Qualitätssicherheit bis zum Ausschank ohne Luftkontakt und kein elitäres Getue, vielleicht sogar mal einen unkomplizierten Probeschluck vor der Bestellung, das überzeugt die Kundschaft, so dass sogar erste Fine Dining Restaurants nachziehen.
In den USA ergab ein erster Consumer Wine Trends Survey schon 2015, dass Abfüllungen von 250ml bei Weintrinkern aller Altersgruppen hoch im Kurs stehen. Flasche und Dose liegen hier gleichauf, wobei Dosen auch Erstkäufern ohne Vorkenntnisse gefallen. Das hört jeder gern. Mittlerweile hat sich Wein rasant zum Freizeitgetränk gewandelt.
Mit Blick auf Daten von Nielsen, die 2018 ein Wachstum von 67 Prozent feststellten, sprechen Beobachter schon von einem explodierenden Markt. Auch wenn das bei einem Marktanteil von 0,2 Prozent 2018 etwas dramatisch klingt.
Anbieter werden nicht müde, auf Trinkanlässe für Weindosen hinzuweisen: auf Flügen, Konzerten, Boot-Trips, Trecking-Touren und Tailgate Parties, wo sich Fans auf Stadionparkplätzen aus dem Kofferraum bedienen. In Nachtklubs, im Park, auf der Schwimmreifen-Party im Pool, beim Glamor-Camping-Brunch. Passende Abfüllungen mit Namen wie „Barefoot“ und „Flipflop“ stehen bereit, wahlweise auch „Canned Champ“, Schaumwein in Dosen, der vor einigen Jahren noch ein dummer Witz gewesen wäre. Zu den Anbietern zählt die seriöse Coppola Winery des Hollywood-Regisseurs. Der „Brut rosé“ glänzt nach Angaben des Hauses mit “spiced berry accents“. Serviervorschlag: gut gekühlt mit Strohhalm.
Matthias Stelzig