Renaissance durch Nachhaltigkeit
Der Marsala aus der Stadt an der Westküste war noch vor einigen Jahrzehnten der international bekannteste Wein Siziliens. Im großen Stil produziert, machten die aufgespriteten Weine zuerst dem Sherry Konkurrenz. Ende des 20. Jahrhunderts aber wurde immer mehr immer billiger losgeschlagen, am Ende vermischt mit Eigelb als quasi vorgemixter Flip. Heute führen die wenigen guten Erzeuger neben bekannten Süßweinen wie dem Moscato di Noto oder Malvasia di Lipari ein Nischendasein.
Erst in den späten achtziger Jahren traten sizilianische Weine auf die internationale Bühne und das ironischerweise als Alternative zu Australien, das klimatisch vergleichbar ist. Ohnehin wollte die Kundschaft trockene Weine und fand sie im Hinterland der Westküste. Dort, wo Tomasi di Lampedusas Historien-Drama „Il Gattopardo” um den Zwang zur Veränderung während der Entstehung des italienischen Staats spielt, wachsen noch ein gutes Jahrhundert später 85 Prozent der sizilianischen Weine. In dem Seeklima fielen die ersten Chardonnays auf, die international mithalten konnten. Wichtiger wurden aber Weine wie Planetas „Cometa“. Aus der ursprünglich kampanischen Traube Fiano entstand ein dicht-mineralischer Wein, der die Richtung für die Renaissance des sizilianischen Weinbaus angab, die vor allem Nachhaltigkeit und Authentizität sucht.
25.000 Hektar oder 38 Prozent Weingärten werden biologisch bewirtschaftet. „Und wir machen hier kein ‚green-washing’, das muss die Welt wissen“, sagt ein stolzer Francesco Ferreri, Besitzer von Valle dell’Acate und Präsident von Assovini. Der Zusammenschluss qualitätsorientierter Weingüter, großer und kleiner, hält große Stücke darauf, dass alle Mitglieder dasselbe Stimmrecht haben. Das Durchschnittsalter des Vorstands liegt bei 40 Jahren, und die Frauenquote ist bewusst sehr hoch. Will sagen, das ist kein Verein alter Männer, die Veränderung blockieren. 1998 von den drei Vätern der sizilianischen Wein-Renaissance Planeta, Donnafugata und Tasca d’Almerita gegründet, vertreten die 72 Mitglieder heute 80 Prozent aller abgefüllten Weine. Hauptziel ist der Erfolg auf den Auslandsmärkten und zwar als Qualitätswein.
Autochthone Rebsorten nehmen dabei eine Hauptrolle ein. „Schließlich haben wir über sechzig verschiedene“, erklärt Antonio Rallo, Präsident des Winzerverbands, „und es kommen immer noch neue dazu“. Fast jeder dritte Assovini-Winzer hegt Versuchspflanzungen, um hochwertige Reben zu selektieren. Dabei kommen Namen wie Vitarolo zu Tage, „eine Weißweinsorte, von der es nur noch einen Stock im Garten eines Neunzigjährigen gab“, so Rallo. Die Universität von Catania will mit einer Versuchspflanzung sogar herausfinden, wie die Römer Wein anbauten.