Keltiberer keltern Wein
Aber das ist eine lange Geschichte. Sie beginnt, wie die meisten europäischen Weingeschichten, kurz vor der Zeitenwende, als die Ureinwohner die ersten Weine kelterten. Nach den Keltiberern, deren Name nichts mit Keltern zu tun hat, kamen die Römer und machten Wein im großen Stil. Die Wirren des Mittelalters warfen den Weinbau weit zurück, auch wenn der König von Navarra den Rioja schon 1102 gesetzlich anerkannte. Das Jahr 1492, in dem Christoph Kolumbus relativ unbeachtet den Kontinent Amerika entdeckte, war für den Wein deshalb ein entscheidendes Jahr, weil die letzten Mauren samt ihres Alkoholverbots von der iberischen Halbinsel abziehen mussten.
Christliche Mönche, vor allem Zisterzienser, brachten die Weinberge wieder in Ordnung. Die Burgunder waren führend in der Anbautechnik und Wein bald der wichtigste Wirtschaftszweig der Region. Schon 1787, als andere Regionen noch weit entfernt von solchen Marketing-Instrumenten waren, gründete sich der erste Erzeugerverband, die Königliche Gesellschaft der Winzer in der Rioja.
Der Landstrich mit seinen trockenen, leicht alkalischen Böden, ist für Weinbau bestens geeignet. Zwischen Haro im Westen und Alfaro im Osten liegen rund hundert Kilometer, auf denen Rebstöcke an den Ufern des Ebro sehr gute Wachstumsbedingungen vorfinden. In der hoch gelegenen Rioja Alavesa erstrecken sich die Weinberge bis in 700 Meter Höhe auf Lehmkalkböden, wo volle, frische Tempranillos entstehen. Ähnlich kühl und vom Atlantik beeinflusst ist das Klima auch in der Rioja Alta, die Weine sind aber weicher. Mediterraner und trockener ist dagegen die tiefer gelegene Rioja Baja mit ihren Schwemmlandböden und den üppigsten Weinen. Mikroklimate an unterschiedlich ausgerichteten Hängen schaffen außerdem Nischen für verschiedene Stile. Das Potenzial ließ die Anbauflächen auch im 20. Jahrhundert schnell wachsen. 1980 waren es schon 40.000 Hektar, heute sind 64.000 Hektar unter Reben, die in guten Jahren 300 Millionen Liter Wein ergeben.
So dominierend wie stilbildend ist die autochthone Sorte Tempranillo. Ihr Qualitätspotenzial ist hoch und noch deutlich steigerbar durch Lagerung und Ausbau im Barrique. Die gute Garnacha wirkt da eher als aromatische Ergänzung, ähnlich wie Mazuelo, Maturana Tinta und Graciano. Die ebenfalls autochthone Sorte stand einmal in weiten Teilen der Rioja, war jedoch so anfällig für Krankheiten, dass sich als Name der Branchenspott „Gracias no" durchsetzte. Sie bringt aber vor allem auf den Kalkböden der wertvollen Höhenlagen gute Ergebnisse, weshalb sie gerade eine kleine Renaissance erlebt. Mit ihren hohen Polyphenolgehalt und der strammen Säure könnte daraus auch eine dauerhafter Wiederaufstieg werden.