Prädikatsweine im Überblick
Seitdem unterscheidet man sechs unterschiedliche Prädikatsweine. Von der Basis bis zur Spitze sind dies:
- Kabinett
- Spätlese
- Auslese
- Beerenauslese (BA)
- Eiswein
- Trockenbeerenauslese (TBA)
Wer jetzt aber denkt, dass für alle deutschen Weinregionen die gleichen Regeln bei den Prädikatsweinen gelten, den müssen wir direkt enttäuschen. Denn die Bestimmungen unterscheiden sich tatsächlich von Anbaugebiet zu Anbaugebiet. Das fängt mit den zugelassenen Rebsorten an, geht über die Alkohol-Höchstgrenze und hört beim Ausbau des Prädikatsweins auf. Zum Glück gibt es dann aber doch ein paar Punkte, die überall identisch sind, sodass man die deutschen Prädikatsweine sehr gut einordnen kann. Schauen wir uns das einmal genauer an.
Die Basis: Kabinett
Der Kabinett, der die Basis der Prädikatsweine formt, wird auch gerne liebevoll als "Kabi" bezeichnet. Wobei wir eigentlich ungern von der "Basis" schreiben. Einfach, weil sich Kabinett-Weine international einer großen Beliebtheit erfreuen. Für einen Kabinett müssen die Trauben ein Mindestmostgewicht von 70 Grad Oechsle aufweisen. Die bevorzugte Rebsorte ist Riesling. Jedoch sind auch Silvaner, Weiß- und Grauburgunder sowie zahlreiche andere Rebsorten geeignet.
Ein Kabinett kann sowohl trocken, halbtrocken wie auch lieblich ausgebaut werden. Vor allem mit etwas mehr Restsüße offenbart er dann in der Regel ein sehr charmantes Süße-Säure-Spiel. Hinzu kommt, dass diese Gewächse mit sechs bis neun Volumenprozent einen moderaten Alkoholgehalt haben. Ein trockener Kabinett schafft es dann schon auf 12 Volumenprozent Alkohol.
Prädikatswein-Klassiker: Spätlese
Das geringste Mostgewicht, das für eine Spätlese notwendig ist, beträgt 76 Grad Oechsle. Die Ernte der Trauben für diesen Prädikatswein erfolgt, wie der Name schon sagt, zu einem späteren Zeitpunkt als die Hauptlese. Einige Beeren können dementsprechend bereits von Botrytis (Edelfäule) befallen sein, da es in dieser Phase des Herbstes häufig zu morgendlichem Nebel kommt, während ab Mittag die Sonne auf die Reben scheint. Optimale Bedingungen für Botrytis!
Durch die Kombination von gesunden und von Botrytis befallenen Trauben in einer Spätlese entfaltet sich ein intensiverer und reiferer Geschmack im Vergleich zu einem Kabinett. Des weiteren verfügen diese Prädikatsweine über mehr Fülle und einen höheren Alkoholgehalt. Für eine deutschen Spätlese wird vor allem Riesling als bevorzugte Traube verwendet, jedoch können auch viele andere Rebsorten verwendet werden. Auch eine Spätburgunder Spätlese ist als Rotwein recht typisch. Eine Spätlese gibt es in den Geschmacksrichtungen trocken, halbtrocken und lieblich.
Ideal zu scharfen Speisen: Auslese
Mindestens 83 Grad Oechsle sind Pflicht, wenn sich ein Prädikatswein Auslese nennen möchte. Die Ernte der Trauben erfolgt ausschließlich manuell. Denn unreife oder ungesunde Weinbeeren müssen zunächst einzeln aussortiert werden, bevor die Traube den Weg in die Kelter findet. Womit dann auch klar ist, woher dieser Prädikatswein seinen Namen hat. Aber Achtung: Von Botrytis befallene Weinbeeren verarbeitet man für eine Auslese gerne mit.
Sie bringen schließlich noch einmal mehr Tiefe und Komplexität in den Wein. Die Auslese ist dann auch der erste Prädikatswein, der auch süß ausgebaut werden darf. Je mehr Restsüße eine Auslese hat, desto besser passt sie übrigens zu pikanten und sogar scharfen Speisen wie etwa einem feurigen Curry oder Thai-Gericht.
Verlockende Süße: Beerenauslese
Bei der Auslese werden einzelne Beeren sorgfältig aus einer Traube entfernt, während bei der Beerenauslese (kurz BA) das exakte Gegenteil geschieht. Die Winzerinnen und Winzer lesen also einzelne Weinbeeren. Und zwar vorzugsweise Weinbeeren, die von Botrytis befallen sind. Das hat einen triftigen Grund. Für die Prädikatswein-Kategorie Beerenauslese ist ein Mindestmostgewicht von 110 Grad Oechsle erforderlich. Dieser Wert wäre nicht allein durch gesunde Trauben zu erzielen. Es muss also eine beträchtliche Menge an Botrytis-Beeren vorhanden sein.
Aufgrund des hohen Restzuckers darf man eine Auslese ausschließlich süß ausbauen. Am Gaumen sorgt dann das intensive Süße-Säure-Spiel für eine echte Geschmacksexplosion. Hier findet man in der Regel dann erstmals deutliche Honig-Anklänge, die der Botrytis zu verdanken ist.
Die Krönung: Trockenbeerenauslese
Sobald Botrytis eine Weintraube in einem solchen Ausmaß befallen hat, dass alle Beeren bereits vollständig geschrumpft und vertrocknet sind, beginnt die Ära der Trockenbeerenauslese, die auch schlicht als TBA bekannt ist. Für diesen Prädikatswein ist ein Mostgewicht von mindestens 150 Grad Oechsle zwingend erforderlich. Ein Großteil der TBAs übersteigt diesen Wert aber um ein Vielfaches. Mit der Trockenbeerenauslese haben wir den Gipfel der Prädikatsweine erreicht. Die Nase und der Gaumen werden von kandierten Früchten, Honig und einem Hauch von Rosinen geprägt. Diese Aromen entfalten sich im gereiften Zustand noch stärker und gewinnen an Komplexität.
Eine Trockenbeerenauslese kann eine kleine Ewigkeit reifen. Zwanzig, dreißig oder mehr Jahre sind absolut kein Problem. Trockenbeerenauslesen sind übrigens selten. Die Voraussetzungen für die Trauben und den Botrytis-Pilz müssen absolut ideal sein. Es ist außerdem erforderlich, dass hier eine beträchtliche Menge an manueller Arbeit geleistet wird. Die Kombination beider Faktoren macht eine Trockenbeerenauslese zu einer Rarität. Dementsprechend kostspielig ist sie.
Spezieller Prädikatswein: Eiswein
Seit 1982 steht der Eiswein bei den Prädikatsweinen offiziell auf einer Stufe mit der Auslese. Weil hier wie da ein Mindestmostgewicht von 110 Grad Oechsle vorgeschrieben sind. In der Praxis wird dieser Wert aber meistens weit überschritten! Um Eiswein herzustellen, werden Trauben bis tief in den Winter hinein an den Rebstöcken belassen. Sobald die Temperatur in der Nacht auf mindestens -7 Grad fällt, erfolgt die Ernte der gefrorenen Trauben, die anschließend im immer noch gefrorenen Zustand direkt gepresst werden. Dadurch konzentrieren sich Aromen und Zucker.
Bei einem Eiswein ist Botrytis übrigens komplett unerwünscht. Es werden ausschließlich gesunde Weinbeeren verwendet, denn die Typizität der jeweiligen Rebsorte soll hier im Vordergrund stehen. Die gängigen Botrytis-Nuancen würden das stören. Dadurch schmeckt ein Eiswein auch komplett anders als eine Trockenbeerenauslese, obwohl beide Prädikatsweine durchaus gleich viel Restzucker vorweisen können.
Eisweine sind sehr selten. Denn bis die Trauben gefrieren kann im Weinberg eine Menge passieren. Von Fäule über Tierfraß sind die Gefahren vielfältig. Mal ganz davon abgesehen, dass der Winter auch so mild sein kann, dass die Trauben nicht gefrieren. Für eine Winzerin oder einen Winzer stellt die Herstellung eines Eisweins daher ein äußerst riskantes Unterfangen dar.
Prädikatsweine: Ein ausschließlich deutsches System?
Zugegeben, Deutschland hat seine Prädikatsweine wohl von allen Nationen am besten definiert. Was aber nichts daran ändert, dass es ähnliche Systeme auch in anderen Ländern gibt. In Österreich zum Beispiel. Oder im französischen Elsass. Nicht zu vergessen, dass es auch kanadischen Icewine gibt.
Allerdings gelten dort überall dann wieder andere Regeln als bei den deutschen Prädikatsweinen. Das sollten Sie im Hinterkopf haben, wenn Sie sich mit den Prädikatsweinen außerhalb Deutschlands beschäftigen.