Bourgogne als Referenz
Die erkundet man auf der Domaine Lepovo nah des Hauptweinorts Kavadarci. Im nationalen Vergleich eher mittelgroß, hat sich das Weingut auf Rhône- und Burgundersorten spezialisiert. Und die Bourgogne mit ihren kleinteilig erfassten Terroirs gilt, wie in vielen Weingütern, als Maßstab für große Ambitionen. „Drei Tage kalt, mazeriert, dann zehn Tage auf den Schalen vergoren“, spult Nicolas die technischen Daten ab und schenkt den Pinot Noir des Hauses ein. Die Fassprobe zeigt eine feine Struktur mit Beerenfrüchten und Kräuternote. „Das Holz ist noch nicht perfekt integriert“, sagt er selbstkritisch, „um den Pinot müssen wir kämpfen in Nordmazedonien“. Wenn ja, dann ist der folgende Chardonnay mehr als ein Etappensieg. In der Nase florale Finesse, burgundisch, ebenso wie die verspielte Leichtigkeit der komplexen Frucht- und Blütennoten am Gaumen.
Probleme gibt es in den heißen Sommern noch mit früher Reife und Trockenheit, die man mit Bewässerung angeht. Aber es ist klar, wo die Reise hingeht. Solche Premium-Qualitäten hat man auch beim großen Bruder Tikveš im Blick und setzt auf Technik. Das Unternehmen hat eine eigene Produktionslinie für Mikro-Vinifikationen. Reben werden mit inaktiven Hefen besprüht, um den Sortencharakter zu verstärken. Sauerstoffmanagement ist praktisch von der Lese bis zur Abfüllung eine ununterbrochene Kette. "Wir messen überall“, sagt Radosh, „denn wir wollen das eigentlich an jeder Stelle kontrollieren“.
Auf der Suche nach tieferen Erkenntnissen zum Boden
So detailverliebt die Arbeit im Keller, so wenig Genaues wissen viele Winzer über ihre Böden zu sagen. Mal Sand, mal eiszeitliche Schwemmböden, mal Tuffstein und Lehmboden, oft mit einem „stark humosen Oberboden“, so die offiziellen Angaben. Und das birgt ein gewisses Risiko. Die tiefgründigen Böden enthalten viel Ton. Dadurch reißen bei schwankender Feuchtigkeit Bodenspalten auf, die Smalik oder Vertisol heißen. Die Fruchtbarkeit dieser Böden wird schnell zum Problem. Ein Forschungsprojekt soll jetzt die Bodenzusammensetzung näher untersuchen, aber noch gibt es keine endgültigen Ergebnisse. „Sand und Lehm sind entscheidend, wegen der Drainage“, mutmaßt Studienleiter Professor Klime Beleski, „in fünf bis sechs Jahren wissen wir mehr“.
Ein weiteres Spannungsfeld liegt im Genmaterial. Ertragreiche Reben waren nicht nur ein Dogma der Sozialistischen Marktwirtschaft Josip Titos. Es gibt noch reichlich Massenträger. „Und wenn man dementsprechend bewässert“, erklärt Radosh, „kann man die Erträge sehr hoch treiben.“ Große Produzenten arbeiten deshalb mit Neupflanzungen dagegen, viel Traubenmaterial kommt aber von kleinen Bauern. Auch das Vertriebssystem, in dem Aufkäufer unter Umständen ihre Ware bezahlen müssen, ohne den Wiederverkaufspreis zu kennen, ist anfällig.
Vielen Winzern gilt das politische System als zu unbeweglich. Eine große albanische Minderheit hat ihre Interessen und Mitbestimmungsrechte. Ohne ihren 20 Prozent Bevölkerungsanteil ist oft keine politische Mehrheit zu bekommen. Dazu kommen diffuse Ängste von den vielen Nachbarländern mit ihren oft schwankenden politischen Systemen. Die internationale Anerkennung des nordmazedonischen Staats nach den ewigen Querelen mit Griechenland ist da nicht nur für das Selbstwertgefühl ein Segen. Als Beitrittskandidat werden die Exporte in die EU leichter. Auch die USA, China, Kanada und Japan sind Wachstumsmärkte.