Unter den vier Weinregionen Slawonien & Donau, Mittelkroatien, Dalmatien und Istrien & Kvarner ist letztere vielleicht jene mit der größten Dynamik in jüngster Zeit. Am besten illustriert dies die Geschichte von Giorgio Clai. Zwölf Jahre ist es her, dass der gebürtige Istrier sein Restaurant „La Pergola“ im italienischen Trieste aufgegeben hat, um in seinem Heimatdorf Krasica den Neustart als Winzer zu versuchen.
Was Giorgio heute je nach Jahr auf 20.000 bis 25.000 Flaschen zieht, ist schon „bastanza specifico“, also ziemlich speziell, wie der 56jährige im istrisch-venezianischen Dialekt erklärt. Der Autodidakt macht so ziemlich alles genau so, wie man es in der Weinbauschule nicht lernt: Im Rebgarten arbeitet er biodynamisch unter strenger Beachtung der Mondphasen, seine sechs Rebsorten auf sieben Hektar Land pflegt er von Hand, alle Trauben vergären spontan, selbst die weißen lässt Clai manchmal monatelang mit den Schalen im Holzfass mazerieren.
Was dabei herauskommt, mitunter zum eigenen Erstaunen des Winzers, sind sehr ausdrucksstrake „Orange Wines“. Der „Sveti Jakov“ zum Beispiel, reinsortig aus der autochthonen Malvazija Istarska gewonnen, duftet intensiv nach Agrumenschale, Aprikose, kandierten Früchten und Karamell, spürbare Tannine erobern den Gaumen mit Macht. Das salzig-mineralische Finish bleibt endlos haften. Clais „Ottocento“, ein Verschnitt aus Malvazija, Chardonnay, Sauvignon Blanc und Pinot Gris kommt eckig-kantig, mit Mandel- und Walnußaromen, polyphenoler Struktur und großer Lebendigkeit auf der Zunge daher.
Verschmitzt lächelnd sitzt der Autodidakt dann auf der Bank im Schatten vor dem Haus, Gattin Vesna an der Seite, nimmt einen kräftigen Schluck „Sveti Jakov“ und genießt den weiten Blick über Weinberge, Olivenhaine, Obstgärten und Kalksteindörfer hinunter ans Meer bei Novigrad. Wie steht an Giorgios Hauswand zu lesen? - „Gottseidank bin ich in Istrien geboren!“
Auf der Halbinsel, die von 1815 bis zum Ende des Ersten Weltkrieges zum Habsburger-Reich gehörte, setzt man seit einigen Jahren auf Qualitätstourismus mit dem Anspruch, eine der großen Genießerdestinationen Europas mit Meereszugang zu werden. Immer mehr Feinschmecker entdecken das reizvolle Hinterland der Küste mit Künstlerdörfern wie Grožnjan oder Zavrsja, dem Städtchen Motovun, dem Trüffelzentrum Livade oder Momjan und Buje. Im Nordwesten Istriens hat sich ein „kulinarisches Dreieck“ entwickelt, zu dem auch die Konoba Stari Podrum („Alter Keller“) gehört, in dem die Chefin Mira Zrnić in der Küche großzügig Trüffeln aus dem Tal über die hausgemachten „Fuži“-Nudeln hobelt. Dazu gibt’s luftgetrockneten Schinken („Pršut“), Rührei mit wildem Spargel und frische Pilze vom Rost, von den charmanten Töchtern Ingrid Franceschini und Marinka Zrnić mit viel Herzlichkeit serviert.