Cognac ist heute auch wirtschaftlich praktisch mit der Region identisch. Rund 5000 Arbeitsplätze bieten die Weingüter, zusätzliche 3900 die Zulieferindustrien wie Glashütten, Tonnellerien etc. 280 Betriebe stellen Cognac her und erwirtschaften mit ihren 141 Millionen Flaschen 1,6 Milliarden Euro. „So viel wie 30 Airbusse.“ Den Vergleich zieht Jérôme Durand, Direktor für Marketing und Kommunikation beim Berufsverband BNIC, gern. 2015 machte Cognac noch mal einen Absatzsprung um 9,4 Prozent in der Menge und fast 20 Prozent Wert, die höchste Ausfuhrquote überhaupt.
Die wenigsten Auslandskunden werden dabei eine Vorstellung von dem etwas verschlafenen 18.000 Einwohner-Örtchen haben. Die leicht bröckeligen Sandsteinfassaden mit den hölzernen Fensterläden könnten irgendwo in der französischen Provinz stehen. Nicht zu übersehen im Stadtbild von Cognac sind aber die Riesen-Schilder von Hennessy, Martell und Rémy Martin, Courvoisier, die gleichzeitig für die asymmetrische Aufteilung des Marktes stehen. Die vier produzieren zusammen etwa 80 Prozent allen Cognacs. Hennessy, Markenwert rund drei Milliarden Euro, ist sogar die drittgrößte Spirituosenmarke der Welt. Eine Flasche der zahlenmäßig überlegenen Konkurrenten Johnnie Walker und Smirnoff kostet nicht mal die Hälfte.
Die großen Cognac-Marken erzeugen den kleinsten Teil ihrer Grundweine selbst. Davon lebt Rémy Boinaud, dessen Familie seit 1640 Cognac erzeugt. Wenn er von dem alten Familienanwesen hinüber zu den nüchternen Hallen der Brennerei geht, durchmisst er auch inhaltlich die ganze Breite des Cognac. „Wir produzieren für Rémy Martin“, erklärt der Destillateur in 24. Generation mit Blick auf ein Heer von Brennblasen. Insgesamt 41 davon plus riesige, temperaturkontrollierte Stahltanks werden von einem zentralen Computer gesteuert. Kühlwasser kommt aus einem eigenen Brunnen. Mit 436 Hektar Weinbergen besitzt die Familie mit dem kaum bekannten Namen mehr als manches kleine Anbaugebiet irgendwo auf der Welt.
Aus den Weinen werden über eine Millionen Flaschen. „Trauben sind wie kleine Babys“, sagt Boinaud noch. Man will es ihm glauben. Aber im Alltag wird er nicht viel Zeit für jedes einzelne haben.