Japan erstreckt sich vom nördlichen Hokkaido mit seinen mitteleuropäisch mit kühlen Wintern 3000 Kilometer nach Süden bis ins subtropische Okinawa. Ursprünglich wurde Sake nur im Winter gebraut. Die Temperatursteuerung erlaubt das heute ganzjährig. Hersteller mit Ambitionen brauen ihre eher kleinen Fraktionen oft dennoch lieber im Winter und manche nehmen auch Traditionen wieder auf.
Beim Sake werden keine Jahrgänge unterschieden. Generell reift Sake auch nicht besonders gut. Eine Ausnahme ist der gelbliche Koshu, der mit seinen Honignoten viele Jahre altern kann. Auch Taruzake, der in Fässern aus der japanischen Zypressenart Cryptomeria lagert, wird oft nach Jahren zu festlichen Anlässen geöffnet. Fukurozuri bedeutet in kleinen Leinenbeuteln abgetropft, ähnlich der Taille in der Champagne, und zählt zu den hochwertigsten Produkten. „Guter Sake“, so Ueno-Müller, “macht Menschen glücklich“. Und viele mögen es prickelnd.
„Sparkling ist der Stil mit dem größten Zuwachs“, ergänzt Ehemann Jörg Müller. Die Geschmackskomponenten blumig-fruchtig, leicht, süßlich erinnern nicht von Ungefähr an Prosecco. Die Schaumweine treffen einen breiten Massengeschmack. Ohne Richtlinien zur Herstellung ist die Qualität allerdings unterschiedlich. „Von CO2-Einschießen bis Flaschengärung ist alles möglich“, so Pusch, der lange in London arbeitete, „wo die Zeichen auch auf leicht und fruchtig stehen – und hochwertig“. In der britischen Hauptstadt mit ihrer großen japanischen Gemeinde ist Küche mit japanischem Einfluss bestens etabliert.
Praktisch jede Zeitung und jedes Magazin der Stadt hat ihr Ranking der „best sake places in town“. Einen unbestrittenen Platz auf der Liste hat die Kette Shoryu. Der Renner ist dort derzeit Nigory Cloudy Sake, dem japanische Wissenschaftler einen Cholesterin senkenden Effekt bescheinigen. Besucher der vielen Sake-Bars suchen einfach den exotischsten Namen aus der Cocktailkarte.
„Sake ist mit seinen unterschiedlichen Stilen äußerst vielseitig“, weiß Fabien Lainé. „International sind besonders Junmai-Ginjo und Nigori gefragt“, eine ungefilterte Variante. Der geprüfte Sake-Sommelier hat schon in mehreren Ländern seinen Job gemacht und ist wie viele ausländische Sake-Fans von der japanischen Kultur und ihrem großen Respekt vor dem Produkt fasziniert.
Bei einem Gesamtwert von 2,8 Millionen Euro machte der Export nach Großbritannien 2016 aber gerade mal zwei Prozent des Gesamtwerts aus. Mit 123 Millionen Euro ($137 Millionen) markierte der Export im siebten Jahr in Folge Rekordhöhe.
Mit Hong Kong, Korea, Taiwan und Singapur sitzen die wichtigsten Abnehmer in Südostasien. Die größten ausländischen Fans des Sake leben in den USA, wo jede dritte exportierte Flasche geöffnet wird.
Während von den japanischen Herstellern nur noch rund tausend übrig sind, entstehen Brauereien in Hong Kong und Taiwan. Die 51 Millionen US-Dollar (45 Millionen Euro) Umsatz in den USA haben nicht nur Importeuren Mut gemacht. Sake-Brauereien gibt es von Honolulu über Texas bis nach Maine.
Spirituosen-Hersteller haben Sake als Beigeschäft entdeckt, ebenso Glasbläser wie Riedel, die mit der passenden Glasform behilflich sind.
Namen wie Nøgne ø (Norwegen), Ontario Spring Water Sake Company (Kanada) oder Konsha del Delta del Ebro (Spanien) verraten die Begeisterung weltweit.
Aber was wird aus dem Sake in seinem Mutterland? „Japaner achten sehr darauf, was Menschen im Ausland über sie denken”, vertraute Brauereibesitzer Yasakuta Daimon kürzlich dem britischen Guardian an. “Wenn wir also Erfolg im Ausland haben, könnte das auch den Absatz im Inland wieder beleben.“ Möglich. Allan Noble, Sohn australisch-japanischer Eltern und Direktor von Sun Masamune’s Brauerei in New South Wales macht in Australien gute Geschäfte mit seinem Sake. Strahlend stolz ist er aber, wenn er erzählt, dass er achtzig Prozent seiner Produktion nach Japan exportiert.
Matthias Stelzig